Aussicht trüb, Prognose schwierig

Zweite Lockerung des Corona-Lockdowns Wir haben vergangene Woche zwei Oltner Gastrobetriebe besucht und nachgefragt, wie sie die Lockdownphase erlebten und die Wiedereröffnung bestreiten werden.

Einmal mehr nicht aufgeben, sondern anpacken steht für das Gryffe-Wirtepaar Rahel Liebi und Stef Dietschi auf dem Plan. (Bild: mim)

Einmal mehr nicht aufgeben, sondern anpacken steht für das Gryffe-Wirtepaar Rahel Liebi und Stef Dietschi auf dem Plan. (Bild: mim)

Die Aussichten sind nicht rosig, trotzdem versucht Geschäftsführer und Gewerbe Olten Co-Präsident Darko Bosnjak (l.) und Chefkoch Benedict Ranchal Exposito mit innovativen Ideen, wie der Ausweitung der Gartenwirtschaften der Krise entgegenzutreten. (Bild: mim)

Die Aussichten sind nicht rosig, trotzdem versucht Geschäftsführer und Gewerbe Olten Co-Präsident Darko Bosnjak (l.) und Chefkoch Benedict Ranchal Exposito mit innovativen Ideen, wie der Ausweitung der Gartenwirtschaften der Krise entgegenzutreten. (Bild: mim)

Zwei Wochen nach der ersten Lockerung des Corona-Lockdowns, die eine Öffnung von Coiffeur-, Kosmetik- und Tätowierstudios sowie Gartencenter beinhaltete, können seit Montag auch die meisten übrigen Geschäfte, aber auch Museen und Gastrobetriebe ihre Arbeit wieder aufnehmen. Ausserdem besuchen die Kinder die Schule und auch die Sportvereine nehmen teilweise ihren Betrieb auf. Alle jedoch unter Einhaltung von Auflagen sowie den geltenden Hygiene- und Schutzmassnahmen.

Krise begann bereits im Januar

Zuerst hätten sie sich gefreut, dass sie neben dem Restaurant Stadtbad und der Suppenstube/Kalte Lust nicht auch noch das Hotel Olten am 16. März schliessen mussten. «Die Freude währte jedoch nur kurz, denn das einzige, was eintraf, waren Annullationen», erzählt Darko Bosnjak, Geschäftsführer und Co-Präsident von Gewerbe Olten. Eine schwierige Lage für die Hotelbranche, die sich teilweise seit Januar im Ausnahmezustand befindet. «Aufgrund des Coronavirus blieben die internationalen Gäste aus China weg», erklärt Bosnjak. Das Hotel Olten hat nun nach sechs Wochen Schliessung seit dem 27. April wieder geöffnet, allerdings mit begrenzten Öffnungszeiten. «Ab und zu werden von Firmen die Seminarräumlichkeiten aufgrund der Abstandsregel genutzt, ansonsten ist die Nachfrage sehr überschaubar», erzählt Bosnjak, der für alle drei Betriebe Kurzarbeit einreichen musste.

Später und mit weniger Auflagen

Wie so viele Gastrobetriebe in Olten bieten die Suppenstube/Kalte Lust sowie das Restaurant Stadtbad seit dem 20. April Take Away-Angebote an. «Wir haben uns aus zwei Gründen erst spät dazu entschieden. Einerseits wollten wir damit keine Frequenz auslösen. Andererseits lohnt sich das Angebot finanziell kaum. Es bleibt eine Marketing-Aktion», erklärt Bosnjak, der es vorgezogen hätte, einen Monat später dafür mit weniger Auflagen zu öffnen. Während unseres Gesprächs sind die Mitarbeiter rund um Chefkoch Benedict Ranchal Exposito damit beschäftigt die Massnahmen des Schutzkonzeptes von Gastro Suisse umzusetzen. «Neu müssen die Gäste platziert werden, doch abgesehen davon sollen sie möglichst wenig von den Massnahmen mitbekommen und den Besuch geniessen können», betont Bosnjak. Diese beinhalten die Abstände von zwei Metern zwischen den Tischen, an dem maximal vier Personen erlaubt sind sowie die Desinfektion. Die umstrittene Weisung, von jedem Gast die Kontaktdaten zu erfassen, wurde vergangene Woche gelockert. Diese ist nun freiwillig. Für alle Restaurants mit bewilligter Gartenwirtschaft hat Bosnjak zudem in der vergangenen Woche eine Erweiterungsmöglichkeit mit der Stadt Olten ausgehandelt. «Mit dem Einverständnis der Nachbarn und der Bewilligung der Stadt Olten können sich Gastrobetriebe mit ihrer Gartenwirtschaft unbürokratisch auf dem öffentlichen Grund ausdehnen. Natürlich unter Berücksichtigung der Notfallgassen», so Bosnjak. «Damit können wir beim Restaurant Stadtbad die 8 Sitzplätze auf 24 erweitern.»

Ungewisse Zukunft

Mit Blick auf die nächsten Monate möchte Darko Bosnjak nichts beschönigen. «Eine Prognose für die Zukunft zu wagen ist schwierig», so der Co-Präsident von Gewerbe Olten. «Solange wir das Social Distancing anwenden müssen, werden die Hotel- und Gastrobranche in der Krise bleiben», betont Bosnjak. Sein Unternehmen hat für den August rund die Hälfte der sonstigen Einnahmen budgetiert. «Daneben bleiben die Fixkosten, die bei uns im sechsstelligen Bereich sind.» Der Geschäftsführer rechnet damit, dass sich die Unternehmung mit Hilfe der staatlichen Unterstützung und privaten Geldern bis Ende Jahr über Wasser halten kann. «Viele Hotel- und Gastrobetriebe werden sich jedoch die Frage stellen müssen, wie lange sie nach der Krise arbeiten müssen, um schuldenfrei zu sein und ob eine Weiterführung ohne Dividende oder Ausschüttung möglich ist», betont Bosnjak und fügt an: «Wir erleben zwar alle denselben Sturm, sitzen aber nicht im gleichen Boot. Gerade Veranstalter, Kinos oder Hotels trifft es besonders hart.» Gewerbe Olten habe für den Mai eine Solidaritätsaktion geplant und vorgesehen, in der Stadt 500 farbige Regenschirme aufzuhängen.

Von den Ferien in den Lockdown

Auch beim Gryffe-Wirtepaar sass der Schock nach den wohlverdienten zweiwöchigen Betriebsferien tief. Als Rahel Liebi und Stefan Dietschi am Montag, 16. März zurückkehrten, erwarteten sie eigentlich eine Ausgangssperre, wie es «im Pandemiebüechli vorgeschrieben sei». Sie legten für den 18. und 19. März einen Rampenverkauf fest, um die verderblichen Waren zum Einkaufspreis zu verkaufen. Damit versuchte das Wirtepaar, ein paar Ausgaben zu kompensieren und mit dem Ausschalten der Kühlanlage die Nebenkosten möglichst tief zu halten. «Wir haben bereits zu diesem Zeitpunkt damit gerechnet, dass der Lockdown mindestens zwei Monate andauern könnte», erzählt Dietschi. Aufgrund des Temperatursturzes im März beschlossen die beiden, mit einem Take Away-Angebot zuzuwarten. «Wir haben Arbeiten, wie die Holztische für die Sommersaison abzuschleifen, zu lasieren und zu polieren vorgezogen», erklärt Dietschi. Am 1. April startete der Gryffe mit einem kleinen Take Away-Angebot über die Mittagszeit, das auch nach der Öffnung weitergeführt wird. «Es ist zwar nur ein Tropfen auf den heissen Stein, trotzdem ist es eine Möglichkeit, um einen Teil der Fixkosten zu bezahlen», so der Pächter und fügt an: «Zudem wollten wir für unsere Mitarbeiter und Gäste auch wieder eine Struktur schaffen. Für Personen ohne Partner ist das keine einfache Zeit. Auch nicht für Menschen wie uns, die in der Gastronomie tätig sind und den Kontakt zu den Mitmenschen schätzen.»

Auf schönes Wetter angewiesen

Um mehr Einnahmen generieren zu können, wurden die Öffnungszeiten angepasst. «Neu haben wir auch am Montag, jedoch erst ab 15 Uhr geöffnet. Somit sind wir sieben Tage vor Ort, am Sonntag ab 13 Uhr und die übrigen Tage ab 11 Uhr», erzählt Dietschi. Erschwerend kommt hinzu, dass das Gryffe-Lokal aufgrund der Abstandsregel von zwei Metern zu klein ist und deshalb nur die Terrasse genutzt werden kann. «Dass wir uns gemäss Lockerung der Stadt mit den Tischen über die Kirchgasse ausdehnen dürfen ist dabei sehr wertvoll. Wir rechnen, rund 16 Tische bedienen zu können», so Dietschi.

Besuch mit Regeln

Beim Besuch gilt es ein paar Regeln zu beachten, die auf einer Infotafel aufgeführt sind. «Aufgrund des Abstandes von zwei Metern und den Hygienevorschriften müssen zuerst die Tische abgeräumt und desinfiziert werden, bevor sich wieder jemand daran setzt. Deshalb werden die Gäste platziert», erklärt Dietschi, der sich auch bezüglich Effizienz einige Gedanken gemacht und in der Folge einen Prototypen eines Beistelltisches für die Getränke überlegt hat. Der Druck jedenfalls lastet schwer auf dem Gryffe-Wirtepaar, das jeweils mit den Sommermonaten das Jahr finanziell bestreiten muss. «Aufgrund der Umstände konnten wir bereits im März keine Einnahmen generieren. Daneben haben auch die Schutzmassnahmen mit Schutzmasken und Desinfektionsmittel zusätzliche Auslagen erfordert. Nun gilt es die Schulden möglichst schnell zurückzuzahlen», betont Dietschi. «Ausserdem müssen trotz Kurzarbeit für die Angestellten auch die Sozialbeiträge sowie weitere Fixkosten bezahlt werden.» Der Öffnung mit vielen Auflagen hat Dietschi mit gemischten Gefühlen entgegengesehen. «Ich werde am Anfang Polizist spielen müssen», enerviert er sich und schiebt dann aber kämpferisch nach: «Wir sind dafür bekannt anzupacken und geben nun nochmals Vollgas.» Das Wirtepaar wollte eigentlich den Gryffe per Ende August abgeben und sich künftig auf den Gewölbekeller Abbasso konzentrieren. Es könnte sich jedoch nun eine Verlängerung bis Ende September vorstellen. Ein Ausblick auf den Abbasso-Betrieb sei aus heutiger Sicht schwierig, doch gerade deshalb sei ein gelungener Abschluss umso wichtiger, schliesst Stef Dietschi.

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