Auf den Spuren von Capus, Hohler und Lenz

Schweizer Schriftstellerweg Am Samstag, 30. April wird in Olten der Schweizer Schriftstellerweg eröffnet. Auf Audiotouren durch die Stadt können 33 Geschichten von zehn Autorinnen und Autoren gehört werden. Es gibt drei grosse Touren der renommierten Schriftsteller Alex Capus, Franz Hohler und Pedro Lenz.

Alex Capus beim Einlesen seiner Geschichten für den Schweizer Schriftstellerweg. (Bild: André Albrecht)
Alex Capus beim Einlesen seiner Geschichten für den Schweizer Schriftstellerweg. (Bild: André Albrecht)

Wer Olten hört, denkt zuerst an Bahnhof. Oder versteht von der Stadt mit den 18’000 Einwohnern nur Bahnhof. Olten wird alsEisenbahnerstadt wahrgenommen. Mehr als Durchschnitt liegt da nicht drin. Es dürfte auch niemanden interessieren, dass in Olten der Wurstsalat erfunden wurde. Denn dank der zentralen Lage tagten schon vor hundert Jahren zahlreiche Verbände und Vereine in Olten. Die mussten günstig verpflegt werden. Vielleicht wird Olten mit Eishockey in Verbindung gebracht. Der EHCO ist einer der führenden Klubs der zweithöchsten Spielklasse und spielt regelmässig vor fast 4’000 Zuschauern. In der Kultur «spielt» die Stadt aber längst in der obersten Liga. Das Stadttheater lockt mit einem ausgesuchten Programm Besucher aus Zürich, Basel oder Bern an. Es gibt zahlreiche Kleintheater und Veranstaltungsbühnen. Und es gibt die Oltner Kabarett-Tage. Jeweils im Mai, heuer zum 29. Mal, wird mit dem Cornichon der bedeutendste Schweizer Kabarett-Preis verliehen.

Von Munzinger zu Capus

Es lohnt auch ein Blick zurück in die Vergangenheit. Josef Munzinger lebte in Olten und wurde 1848 als einer der ersten Bundesräte des Schweizer Bundesstaates gewählt. Sein Sohn Werner war Afrikaforscher und die Vorlage zu Alex Capus’ viel beachtetem Debütroman «Munzinger Pascha». Da wären wir bei der Literatur. Es gibt wohl keine andere Stadt mit dieser Dichte an Dichtern wie Olten: Peter Bichsel, Alex Capus, Urs Faes, Franz Hohler, Ulrich Knellwolf, Rolf Lappert, Silja Walter, Otto F. Walter, Gerhard Meier oder Pedro Lenz haben oder hatten einen engen Bezug zu Olten. 1971 gründeten Schriftsteller die «Gruppe Olten». Der Walter Verlag gehörte einst zu den führenden Verlagshäusern im deutschsprachigen Raum. Und das Schweizer Buchzentrum wurde 1882 in Olten gegründet. Olten sei eine Literaturstadt, sagt Stefan Ulrich, Geschäftsführer von Olten Tourismus und beim Projekt «Olten Literatour Stadt» an vorderster Front dabei. «Die Stärke des Schweizer Schriftstellerwegs ist die Authentizität von Olten als Literaturstadt», sagt Ulrich. Mit diesem Angebot könne die touristische Weiterentwicklung der Stadt weiter vorangetrieben werden. Vor allem bei Seminartouristen geniesst Olten einen ausgezeichneten Ruf. Die Übernachtungszahlen sind in den letzten Jahren ständig gestiegen. 2015 wurden beinahe 70’000 Logiernächte registriert. «Mit dem Schweizer Schriftstellerweg haben wir nun ein weiteres, exklusives Marketinginstrument zur Hand», betont StefanUlrich.

Ausbau wird bereits geplant

Der Schweizer Schriftstellerweg ist eine Audiotour. Auf den drei grossen Touren können jeweils acht Geschichten von Alex Capus, Franz Hohler und Pedro Lenz gehört werden. Von letzterem werden die Geschichten auch in Mundart zu hören sein. Die Autoren haben ihre Texte selber eingelesen. Parallel zu den drei grossen Touren wird eine sogenannte «Literathek» lanciert, die ein breites Spektrum des literarischen Schaffens – nicht nur in Olten – an verschiedenen Standorten sicht- und hörbar machen soll. Da sind beispielsweise die Slam-Poeten Kilian Ziegler und Lisa Christ zu hören. «Der Schriftstellerweg ist so konzipiert, dass er jederzeit ausgeweitet werden kann», sagt Stefan Ulrich. Zum 30-Jahr-Jubiläum der Oltner Kabarett-Tage ist 2017 etwa eine Kabarett-Tour geplant. Auch weitere Schweizer Autorinnen und Autoren dürften dereinst in Olten zu hören sein. Vorerst steht aber am 30. April die Eröffnung an. Ein Festakt mit geladenen Gästen geht im Stadttheater über die Bühne. Danach, ab 12 Uhr auf der Kirchgasse, ist die Bevölkerung eingeladen, Capus, Hohler und Lenz auf ihren Touren zu begleiten. Die Autoren werden einige ihrer Geschichten gleich selber vor viel Publikum vorlesen.

«Ich könnte zu jedem Standort zehn Geschichten schreiben»

Einer der Protagonisten des Schweizer Schriftstellerwegs in Olten ist der einheimische Bestsellerautor AlexCapus. Ein Kurzinterview mit dem Oltner Autor:

Olten ist für Literatur ein fruchtbarer Boden. Franz Hohler, Peter Bichsel, Rolf Lappert und Ulrich Knellwolf sind hier aufgewachsen, Pedro Lenz und Sie leben in der Stadt. Warum hat Olten so viele bekannte Schriftsteller?

Alex Capus: Ich glaube, die tun uns was ins Trinkwasser. Wenn nicht, muss es einen anderen Grund geben. Ganz sicher war Peter Bichsel als erster von den Genannten hier in Olten. Vielleicht sind wir anderen dann alle hierher gezogen in der Hoffnung, dass wir dann auch so gut schreiben würden wie der Bichsel. Ist aber nichts draus geworden.

Eine Ihrer Geschichten auf dem Schriftstellerweg handelt von Friedrich Glauser, der auch einen Bezug zu Olten haben soll. Was fasziniert Sie am Autor von Wachtmeister Studer?

Alex Capus: Ach, der Glauser, diese zarte, geschundene Seele! Für gewöhnlich werden geprügelte Hunde ja bissig, aber der Glauser ist bei aller Härte des Lebens und seiner Epoche zart geblieben. Und «Gourrama» ist vielleicht der schönste Roman eines Schweizer Autors im 20. Jahrhundert.

War es für Sie einfach, zu jedem der acht Standorte eine Geschichte zu schreiben?

Alex Capus: Ich könnte zu jedem Standort zehn Geschichten schreiben. An einem Nachmittag. Und am nächsten Morgen nochmals je zehn.

Olten Tourismus hat mit dem Schweizer Schriftstellerweg ein attraktives Angebot für die vielen Seminartouristen geschaffen. Wird es vermehrt aber auch Literaturinteressierte in die Stadt locken?

Alex Capus: Keine Ahnung. Hoffentlich!

Im Herbst erscheint Ihr neuer Roman. Können Sie schon etwas über den Inhalt verraten?

Alex Capus: Es geht um Geburt und Liebe und Tod, wie immer in der Literatur. Die Geschichte spielt zur Hauptsache in einer Bar, in der ein ausgestopfter schwarzer Stierkopf über dem Flaschenregal hängt. Aber das ist reiner Zufall.ZVG

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