Frauenpower an der Kilbi

Kilbi Die jährlich durchgeführte Kilbi in Olten hat - Tradition, jedoch nicht nur für die Einwohner von - Olten, sondern auch für - einige Schausteller. Bereits Melanie Spenglers Eltern haben die Oltner Kilbi regelmässig besucht.

Melanie Spengler mit ihrem zweirädrigen Hobby. mim)
Melanie Spengler mit ihrem zweirädrigen Hobby. mim)

Die 34-jährige Melanie Spengler empfängt mich auf dem Rummel von Agno (TI). Die Familie Spengler ist bereits seit rund fünf Monaten im Tessin stationiert. Die Schausteller-Familien haben sich häuslich eingerichtet und vor dem Wohnwagen für die Kinder ein Bassin aufgestellt. Während sich Vater, Mutter und Bruder im Bereich Vergnügungs-Pavillon spezialisiert haben, hat sich Melanie Spengler dem «Grossen» gewidmet. So tourt die zierliche Frau mit zwei Vergnügungsbahnen durch die Schweiz. In Olten wird sowohl die Bahn «Crazy Run» als auch der letztes Jahr neu erworbene «Scorpion» im Einsatz stehen.

Schausteller - lange Familien-tradition

 

Sie sei erst mit 15 Jahren, als ihr Vater ins Schaustellergeschäft eingestiegen sei, in Kontakt mit dem Rummel gekommen, erzählt Melanies Mutter Uschi Spengler. Dort habe sie dann ihren zukünftigen Mann Beat Spengler kennen gelernt, dessen Familie seit Generationen mit den verschiedensten Bahnen und Vergnügungs-Pavillons unterwegs war. 1974 befand sich das Paar in Olten an der Kilbi, als bei der hochschwangeren Uschi Spengler die Wehen einsetzen. So kam es, dass Beat Spengler Junior im Kantonsspital Olten zur Welt kam. «Auch deshalb hat Olten eine spezielle Bedeutung für uns», erklärt Uschi Spengler und ergänzt: «Aber natürlich sind es auch die regelmässigen Besuche und das Vertraute, welche für ein gewisses ‹nach Hause kommen› sorgen.» Das gute Verhältnis zwischen Melanie Spengler und dem ehemaligen Gewerbepolizisten Hans Haus, welcher die 34-Jährige seit ihren Anfängen in der Selbstständigkeit kennt, stellte für sie ebenfalls einen wichtigen Punkt dar: «Es ist eine Freundschaft und wir diskutierten stets auf Augenhöhe.»

Zielstrebig

 

Die Familie Spengler war mit ihrem Wohnwagen stets in Zürich stationiert, reiste jedoch mit ihren Bahnen durch die ganze Schweiz. Als die beiden Kinder schulpflichtig wurden, besuchten sie die Schule in Zürich. «Ich ging zur Schule und am Wochenende oder in den Ferien half ich auf dem Rummel mit. Das Mädchen wusste schon früh, was es wollte: Bereits mit 13 Jahren wünschte sich Melanie Spengler ihre eigene Schiessbude. Die bekam sie, mit der Auflage sie selbst zu betreuen. Gesagt getan: «So habe ich mir mein erstes Sackgeld verdient», schmunzelt die 34-Jährige. Doch nicht immer sei es als Tochter von Schausteller-Eltern einfach gewesen: «Während einer gewissen Zeitspanne fanden es meine Klassenkameraden spannend und freuten sich über Gratistickets. Später belasteten die unterschiedlichen Arbeitszeiten zusehends die Freundschaften.»

Risikofreudig

 

Uschi Spengler bestand darauf, dass ihre Kinder eine Ausbildung absolvieren. Deshalb liess sich Beat Junior zum Autolackierer ausbilden und Melanie absolvierte die kaufmännische Ausbildung. Einige Jahre arbeitete sie in der Buchhaltung, um sich dann endlich die erste eigene Vergnügungsbahn, die «Crazy Run» kaufen zu können. Während zwei Jahren arbeitete Melanie Spengler in der Buchhaltung weiter und am Wochenende war sie mit der «Crazy Run» auf Tour. «Es wurde zu viel und ich entschied mich, für die selbstständige Tätigkeit als Schaustellerin», so Melanie Spengler. Ein Entscheid, der ihre Mutter zu Beginn, nicht begeisterte: «Melanie arbeitete in einem guten Unternehmen, mit einem sicheren Einkommen. Durch die steigenden Kosten und das vielseitige und grosse Unterhaltungsangebot ist es für die nachkommende Generation schwierig geworden im Schausteller-Bereich zu überleben», erklärt Uschi Spengler. Doch die ehrgeizige, junge Frau setze ihre Pläne in die Tat um und absolvierte die Lastwagenprüfung. Gemeinsam mit ihrem Vater transportiert sie die schweren Bahnen an die jeweiligen Standorte. «Weil ich von meinen Eltern ins Schaustellergewerbe eingeführt wurde und auch die entsprechenden Kontakte vermittelt bekommen habe, ist es für mich als Frau möglich, auf dem Rummel zu bestehen. Jedoch ohne die Hilfe meiner Familie wäre es kaum möglich», erklärt Melanie Spengler.

Harte Arbeit - viel Selbstständigkeit

 

Die junge Unternehmerin beschäftigt während der Saison von März bis Dezember drei Angestellte. Jedoch ist sie stets selbst bei der Montage der Bahnen vor Ort, die elektrischen Anschlüsse sind Chefsache. «Um die «Crazy Run» zu errichten, benötigen wir zwei Tage, deshalb habe ich mich nach einer spannenden Vergnügungsbahn umgesehen, welche schneller montiert werden kann», erklärt Melanie Spengler. «Sobald die Bahn aufgebaut ist, wird sie geputzt und später löst der erste Fahrgast an der Kasse sein Billett bei mir - das ist Ehrensache. In Olten wird Melanie Spengler erstmals mit beiden Bahnen vor Ort sein, was eine Anreise bereits am Dienstag bedingt.

Mit dem «Scorpion» hat sie eine neue spannende Bahn gefunden, die durch mehr zusammenhängende Elemente schneller montiert werden kann. Gemeinsam mit ihrem Bruder, Cousins und der ganzen Familie arbeitete Spengler im Winter am «Scorpion», um ihn für die kommende Saison optisch aufzuwerten. Mit viel Liebe habe ihr Bruder die Airbrushs entworfen und gesprayt.

Herzenssache

 

In Agno, wo die Spenglers über längere Zeit stationiert sind, wird am Morgen die Bahn geputzt, am Nachmittag kann die junge Frau ihrem Hobby dem Töfffahren nachgehen und am Abend ist voller Einsatz am Rummel gefragt. Die Buchhaltung und der Haushalt werden zwischendurch erledigt. Nach Saisonende im Dezember organisiert der Schausteller-Frauenverein, in welchem Melanie Spengler und ihre Mutter Mitglied sind, eine Weihnachtsfeier für die Schausteller-Kinder. Danach beginnt bereits die Planung für die neue Saison. «Es ist ein Kampf, sich jedes Jahr wieder zu bewerben und zu hoffen, dass man ausreichend Zusagen für Standplätze erhält. Aber ich geniesse die Selbstständigkeit und die Arbeit mit den Menschen», strahlt Melanie Spengler und dies glaubt man ihr sofort. Zu Beginn etwas zurückhaltend, beginnen die Augen zu leuchten, wenn die junge Frau vom Rummel und ihrer Tätigkeit erzählt — das Schausteller-Leben ist also doch eine Herzenssache.

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