«Für die Kirche von morgen gibt es kein Rezept»

Andreas Brun Wir haben uns anlässlich der Amtsniederlegung mit Andreas Brun, Diakon und Pastoralraumleiter in Olten, über Pastoralräume, deren Herausforderungen, Reformbewegungen und seine Zukunftspläne unterhalten.

Andreas Brun kehrt Olten nur beruflich den Rücken zu: Der neue Pastoralverantwortliche im Bistum Basel, bleibt in Winznau wohnen. (Bild: Christina Brun)
Andreas Brun kehrt Olten nur beruflich den Rücken zu: Der neue Pastoralverantwortliche im Bistum Basel, bleibt in Winznau wohnen. (Bild: Christina Brun)

Am vergangenen Wochenende hat Andreas Brun, Diakon und Pastoralraumleiter, seinen letzten Gottesdienst in der Oltner Marienkirche abgehalten. Im Anschluss wurde ein Verabschiedungs- apéro durchgeführt. Nun stehen die obligaten Aufräumarbeiten im Büro an, die mit dem Abkuren durch die Bischofsvertretung enden. «Dabei werden beispielsweise die Tauf- und Firmungsbücher auf ihre korrekte Führung kontrolliert, schliesslich trage ich als Pastoralraumleiter die Verant- wortung dafür», erklärt Brun den Vorgang, der unsereins auch aus der Privatwirtschaft kennt.
Nach nur drei Jahren ist Brun von seinem Amt als Pastoralraumleiter zurückgetreten. Es seien verschiedene Konfliktfelder, die zu diesem Schritt geführt hätten, betont Brun, möchte diese jedoch nicht detailliert erläutern. Er habe seine Arbeit als Pastoralraumleiter stets mit vollem Einsatz ausgeführt, was auch verletzlich machen könne, so Brun. Der Pastoralraum wird ad interim von den Co-Leitern Antonia Hasler und Mario Hübscher geführt, welche bereits in den letzten Jahren bei der Leitung mitgewirkt haben.

Synergien nutzen

Die ersten Diskussionen zur Schaffung eines Pastoralraumes seien bereits vor weit über zehn Jahren geführt worden, erzählt der Diakon vom langen Entwicklungsprozess. Die Projektphase in Olten startete im Dezember 2015 unter Bruns Führung ad interim. Der Pastoralraum Olten regelt die verbindliche Zusammenarbeit zwischen den fünf Pfarreien St. Martin und St. Marien (Olten), St. Mauritius (Trimbach), St. Katharina (Ifenthal-Hauenstein) und St. Josef (Wisen) und den dazu gehörenden, verbleibenden drei Kirchgemeinden, die seither gemeinsam als Katholische Kirche Olten auftreten. Am Pfingstwochenende 2017 wurde der Pastoralraum Olten offiziell durch Bischof Dr. Felix Gmür errichtet und Andreas Brun als Leiter eingesetzt. In erster Linie geht es darum, im starkem Wandel unterworfenen Kirchenumfeld Synergien zu nutzen. «Anders ist es gar nicht mehr möglich», bestätigt Brun. Nur dürfte es eine schwierige Aufgabe sein, die verschiedenen, gemachten «Gärten» zu einem zusammenzuführen. Im Bistum Basel gibt es inzwischen
100 Pastoralräume davon 16 im Kanton Solothurn.

Die Zeichen der Zeit erkennen

«Schon lange und immer stärker führt der Personalmangel zu schwierigen Situationen. Die Katholische Kirche Olten spürt dies im Augenblick nicht so stark. Im ganzen Bistum aber
fehlen nicht nur Pfarrer sondern beispielsweise auch Theologinnen, Sozialarbeitende oder Katechetinnen. Auch Organisten fallen nicht einfach vom Himmel», erzählt der 55-Jährige. Der Pastoralraum ist die einzige Chance für die Pfarreien ihren Grundauftrag erfüllen zu können und darüber hinaus Ideen zu entwickeln und umzusetzen. «Früher haben Mütter beispielsweise den Religionsunterricht übernommen. Teilweise für ein bescheidenes Entgelt haben sie eine oder zwei Stunden Unterricht erteilt.» Dies ist aufgrund der fachlichen Ausbildung, aber oftmals auch aus organisatorischen Gründen für die Familien nicht mehr denkbar. «In einem Pastoralraum kann eine Katechetin oder ein Katechet ein Arbeitspensum finden, welches auch eine Einkunft sichert und so zur Existenz einer Familie beitragen kann», zeigt Brun den Wandel auf. «Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass im Pastoralraum Olten noch viel möglich ist, indem man weiterhin die Ressourcen bündelt. Dabei kann es jedoch nicht mehr nur darum gehen, den sicherlich schönen und wichtigen Besitzstand zu wahren», so Brun. «Als Kirche müssen wir die Zeichen der Zeit erkennen.» So sehe er die Botschaft aus dem Vatikan, «lieber ein verbeultes Konstrukt zu haben, als sich zu verstecken», auch als Chance für den Pastoralraum.

Verändertes Kirchenbild

«Umzustechen fordert alle», weiss Brun. «Zu meinen Kindertagen war das Verhältnis der Gesellschaft zur Kirche noch ein vollkommen anderes. Da stellte sich die Frage nicht, ob man am Sonntag in die Kirche geht. Ich musste deshalb meine Vorstellungen von der Kirche, bereits einige Male über den Haufen werfen.» Es scheint fast so, als würden zwei Herzen in Bruns Brust schlagen: Wehmut über Vergangenes und seine vorwärtsgerichtete Haltung. «Es geht nur vorwärts und obwohl die vergangenen drei Jahre herausfordernd waren, habe ich ein tolles Team und mehrheitlich ein gutes Miteinander in Olten erlebt.» Ob er über den Wandel der Gesellschaft was die Kirche betrifft, erstaunt sei? «Nein, aber als so altmodisch wie viele sie vermuten, sehe ich die Kirche nicht. Die heutigen Themen der Kirche sind auch oftmals gesellschaftliche, wie zum Beispiel die Anerkennung der Frau. Da haben wir ja nicht nur in der Kirche Nachholbedarf.»

Die Kirche der Zukunft

Für die Kirche von morgen gebe es kein Rezept, vielmehr sei es ein Lernprozess, um ans gewünschte Ziel zu kommen. Das sei zwar spannend, aber man müsse diesen Prozess des Loslassens auch aushalten können, so Brun. «Nehmen wir als Beispiel die Katholische Arbeiterbewegung Olten (KAB). Dieser Verein zählte vor rund 30 Jahren 240 Mitglieder. 2016 musste er aus Altersgründen aufgelöst werden. Dies ist traurig, aber eine Realität, die noch stärker auf uns zukommt.» Brun, der einst eine kaufmännische Ausbildung absolvierte, erachtet es als wichtig, dass sich die Kirche Partner sucht, wie dies beispielsweise mit verschiedenen Kultur- institutionen, wie dem Kino Lichtspiele oder dem Foodsave Bankett Olten bereits geschehen ist. «Es ist sinnvoll, wenn verschiedene Organisationen gemeinsam eine Sache voranbringen, auch wenn die Motivation verschieden ist», weiss der Diakon. Dies sei auch in der Jugendarbeit möglich, wie beispielsweise bei der Jubla, die zwar ein kirchlicher Jugendverein sei, aber eine offene Kirchlichkeit lebe, so der dreifache Familienvater, der nach Abschluss seines Theologie- studiums in Stüsslingen als Gemeindeleiter, dann als Jugendseelsorger im Kanton Solothurn und später in Köniz und Wabern ebenfalls als Gemeindeleiter tätig war. Seit 1994 wohnt Brun, der gerne in der Guggi-Zunft Musik macht, sich als Kultur interessiert bezeichnet und bewegt, aber keinen Sport ausübt, in der Region. Das soll auch so bleiben, wenn der Winznauer seine neue Tätigkeit als Pastoralverantwortlicher in der Leitung des Bistums Basel in Solothurn antritt. «Als Pastoralverantwortlicher bin ich quasi in der Abteilung «Forschung und Entwicklung» unserer Kirche tätig», sagt Brun schmunzelnd. Er hätte sich auch vorstellen können in der Privatwirtschaft im Bereich Schule oder Erwachsenenbildung tätig zu sein. «Ich freue mich nun aber sehr über das Angebot, das auch ein Ausdruck der Wertschätzung vonseiten des Bischofes ist», so der Diakon. «Ich bin mir jedoch bewusst, dass ich mich wohl an die eher langsamen Prozesse der strategischen Stelle gewöhnen muss, deren Ergebnisse erst in fünf bis zehn Jahren sichtbar werden. Ausserdem dürften mir die persönlichen Gespräche mit Gemeindemitgliedern fehlen.»

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