«Ich bin nicht Stadtrat»
Referendumskomitee Letzte Woche hat der Stadt- anzeiger das Budget 2014, über welches am 2. März abgestimmt wird und die markanten Posten vorgestellt und erläutert. Diese Woche möchten wir das Referendumskomitee zu Wort kommen lassen.

Gegen das vom Parlament am 28. November abgesegneten Budget 2014 wurde am 3. Januar mit 668 gültigen Stimmen das Referendum eingereicht, was eine Volksabstimmung zur Folge hat. Diese findet am 2. März statt. Die Schwierigkeit beim Referendum besteht darin, dass es auf zwei Seiten gedeutet werden kann. Wird zu wenig gespart oder gar zu viel? Missfällt auf der Einnahmenseite der im Budget festgelegte Steuersatz über 105 %? Auch hier stellt sich die Frage: Zurück zum altbewährten Steuersatz von 95 % oder doch lieber die Steuern um 20 Indexpunkte erhöhen, auf die einst vom Stadtrat vorgeschlagenen 115 %? Aber auch auf der Ausgabenseite ist die Frage berechtigt, ob zu viel, zu wenig oder gar bei den falschen Positionen gespart wurde. Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, dürfte es für die Bevölkerung schwierig sein, sich an der Urne für ein «Ja zum Budget» (Nein zum Referendum) oder ein «Nein zum Budget» (somit ein Ja zum Referendum) zu entscheiden. Deshalb haben wir beim Referendumskomitee, bestehend ausBöbes Aerni, Adrian Steinbeisser, Edi Stuber und Adolf C. Kellerhals, nachgefragt. Edi Stuber ist dem Stadtanzeiger stellvertretend Red und Antwort gestanden.
Herr Stuber, wie stehen die Referendumsmitglieder zueinander? Besteht eine politische Zusammengehörigkeit?
Nein, bei den Mitgliedern handelt es sich um eine lose Bekanntschaft. Auffällig ist vielleicht, dass bereits alle im Abstimmungskampf gegen die Fusion beteiligt waren.
Möchten Sie anstelle des bereits auf 105 % erhöhten Steuersatzes, doch lieber den vom Stadtrat vorgeschlagenen Steuersatz über 115 %?
Der Erhöhung von 10 Indexpunkten haben wir stets zugestimmt. Wir sagen deshalb Ja zum im Budget 2014 festgelegten Steuersatz über 105 %, sind im Moment aber auch gegen weitere Steuererhöhungen.
Haben seit der Referendumseingabe Gespräche mit der Stadt stattgefunden?
Abgesehen davon, als wir dem Stadtschreiber das Referendum überreicht haben, nicht.
Hätten Sie sich ein Gespräch gewünscht?
Ja, ich bin auch erstaunt, wieso auf einen Leserbrief, welcher von vier Personen unterschrieben wurde, nicht reagiert wird. Man hätte in einem Gespräch mit uns auch Weichen stellen können.
Für das Referendumskomitee war es nie ein Thema, das Gespräch zusuchen?
Nein.
Sie stimmen dem Steuersatz über 105% zu. Bei welchen Punkten sehen Sie Möglichkeiten, noch weitereEinsparungen zu tätigen?
Der Stadtrat ist die oberste Behörde und für die Planung und das Budget zuständig. Wir stören uns an der Art und Weise und am späten Handeln. Zudem denken wir, dass es nur bei kleinen Defiziten möglich ist, angewissen Positionen Einsparungen vorzunehmen. In der aktuellen Situation von Olten, in welcher Steuerausfälle über einen Viertel des gesamten Steuerertrages betragen, kann unserer Meinung nach nicht mehr in dieser Form gespart werden. Dann wird unserer Meinung nach ein strategisches Sparen nötig, wie auch einst von der FDP in einem Leserbrief gefordert. In einem politischen Prozess sollten dabei die Kernaufgaben der Stadt formuliert werden und gestützt auf diese Analyse sollte der Stadtrat seine Auf- und Ausgabenprioritäten setzen.
Wurden Sie von den Parteien eingeladen, ihre Referendumsidee vorzustellen?
SVP und FDP haben uns eingeladen. Der Besuch der Medienkonferenz der Stadt betreffend Budget 2014 wurde unserem Vertreter, Böbes Aerni, explizit verweigert.
Es gibt Vorgänge, Zahlungen undAbläufe, die nicht von einem Tag auf den anderen unterbrochen werden können. Sicherlich hat sich das Referendumskomitee jedoch Gedanken darüber gemacht, bei welchenPosten Kostenreduktionen statt-finden könnten?
Wir haben das Referendum aus verschiedenen Motiven ergriffen - es geht nicht nur ums Sparen. Wir wollten, nicht zuletzt aufgrund eines Vertrauensverlustes von Stadtrat und -parlament, dass der Steuerzahler von Olten über das vorgesehene Budget 2014 abstimmen kann. Wir sind der Meinung, dass die Krisensituation der Stadt Olten, viel früher hätte kommuniziert und entsprechende Massnahmen hätten ergriffen werden sollen. Die Situation der Stadt Olten wurde lange Zeit von der Stadtregierung schön geredet - wir hingegen betrachten die Situation als dramatisch. Ich bezweifle, dass die Lage der Exekutive von Anfang an bewusst gewesen war, doch das Parlament hat alles gutgeheissen. Das Referendum hat nun bewirkt, dass endlich diskutiert und informiert wird.
Welche weiteren Effekte haben sich aufgrund des Referendums eingestellt?
Gewisse Folgen haben wir nichtin diesem Ausmass erwartet, wie die heutige Situation, in welcher ungebundene Ausgaben nicht mehr getätigt werden dürfen. Dieser Effekt ist jedoch heilsam und ein wichtiger Prozess. Wenn eine Schulklasse beispielsweise im Moment nicht die Kunsteisbahn besuchen kann, weil die drei Franken Eintrittsgelder nicht vorhanden sind, ist dies kein Drama. Vielleicht macht man aus der Not eine Tugend und führt einen Waldspaziergang durch. Möglicherweise können wir sogar gestärkt aus dieser Situation hervorgehen. Der initiierte Kulturstammtisch und die Zusammenarbeit der Kulturschaffenden können ebenfalls neue Lösungen und Synergien schaffen.
Dies bedeutet also nicht, dass Sie das kulturelle Angebot der Stadt Olten einschränken möchten?
Ich selbst bin Mitglied von verschiedenen kulturellen Vereinen, stehe der Kultur nahe und habe auch gewisse Verdienste um die Schützi.
Nun hat die Stadt Olten einen Kredit über 15 Mio. Franken beantragt. Dieser Kredit hätte mit oder ohne Referendum beantragt werden müssen, doch die Kurzfristigkeit dieses Kredits sorgte für einen Mehraufwand von rund 200’000 Franken. Zudem hat der separate Abstimmungstermin, die Aufbereitung der Abstimmungsunterlagen etc. für zusätzliche Kosten gesorgt. Ist das Recht des Stimmbürgers über das Budget 2014 abzustimmen wichtiger als dieseReferendums-Folgekosten?
Wir sind nicht die einzige Stadt, in welcher das Volk über das Budget abstimmt. Die Städte Biel und Kloten stecken in einer ähnlichen Situation. Zudem empfinde ich es als problematisch, wenn das demokratische Recht, ein Referendum zu ergreifen, bei in Anspruchsnahme als politisch unkorrekt dargestellt wird. Ich denke, es ist Aufgabe des Stadtrates, die Daten so zu terminieren, dass im Falle einer Zurückweisung des Budgets auch die Fristen entsprechend eingehalten werden können. Wir sind ausserdem noch immer der Ansicht, dass die Budget-Abstimmung auch gemeinsam mit dem eidgenössischen Abstimmungsdatum hätte durchgeführt werden können.
Hat das Referendumskomitee ein Budget 2014 definiert, respektive über konkrete Einsparungsmöglichkeiten verhandelt, welchem sie zustimmen könnten?
Wir haben diskutiert, aber keine Summe festgelegt, die in einem neuen Budget eingespart werden müsste. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass es zur Kernaufgabe der Stadt gehört, zu definieren, wie gewisse Aufgaben sparsamer ausgeführt werden können.
In welchem Bereich würden Sie im Budget 2014 Möglichkeiten sehen, um Einsparungen zu tätigen?
Wir sind der Meinung, dass im Zuge der vielen guten und ertragsreichen Jahre der Stadt Olten, sich auch im Verwaltungsbereich nicht nur Fleisch, sondern auch Fett angesammelt hat. Der grosse Posten im Budget sind die Besoldungen. Ich sehe zwar ein, dass eine Budgetierung in der heutigenSituation schwierig ist, aber ich bin nicht Stadtrat und möchte es auch nicht werden.
Was erhoffen Sie sich für ein Abstimmungsresultat?
Aus politischer Sicht denke ich, dass eine 50-zu-50-Chance für die Annahme des Referendums besteht. Es spielt selbstverständlich auch eine Rolle, ob weiterhin eine permanente Angstmacherei vonseiten der Stadt betrieben wird.
Mit welchen Massnahmen werden Sie das Referendum bewerben?
Auch weiterhin mit Inseraten und durch den Versand von Informationen, wie mit dem kürzlich versendeten Flyer «Nein zum Budget» und dem Aufruf zu einem «haushälterischen Umgang mit Steuergeldern».
Herr Stuber herzlichen Dank für Ihre offenen Worte und die Informationen aus demReferendumskomitee.