Nicht jeder Fliegenpilz hat Punkte
Pilzkontrolle Olten: Seit sieben Jahren ist Primo Vanelli als Pilzkontrolleur tätig. Der Experte zeigt auf: «Wer Pilze nicht kontrollieren lässt, handelt grob fahrlässig.» Diese Saison wurden am Rötzmattweg schon über 200 Kilogramm Pilze kontrolliert.

Mittwochabend am Rötzmattweg 17 in Olten: Pilzkontrolleur Primo Vanelli bereitet sich im Lokal des Vereins für Pilzkunde Olten auf seinen Einsatz vor. Neben dem brusthohen, weissen Tresen, der nur wenige Meter vor der Tür steht, hat er eine Waage aufgestellt und einen Block mit den Kontrollscheinen bereitgelegt. Auf dem Tisch hinten in der Ecke steht sein Laptop. «Nur für den Fall, dass ich etwas nachschauen muss», erklärt Vanelli. Auf dem Computer hat er eine Daten- bank erstellt: 6’000 verschiedene Pilzarten hat er über die letzten zehn Jahre darin erfasst, davon 2’700 komplett mit Beschreibung, Fundorten und mehreren Bildern aus unterschiedlichen Wachs- tumsstadien. «Je nach Wuchsort, Regenmenge und Alter kann der gleiche Pilz völlig anders aussehen», erklärt der pensionierte Elektroingenieur und zeigt auf einen Pappteller mit Fliegen- pilzen, den er zur Demonstration vorbereitet hat: Die Farbe der Hüte reicht von Gelb über Orange bis zum klassischen Rot, aber nicht alle haben Punkte. Der Fliegenpilz gehört zur Familie der Wulstlinge. «Deren junge Fruchtkörper sehen aus wie kleine Eier und haben eine Aussenhülle», vergleicht Vanelli. Während dem Wachstum reisst die Aussenhülle und Reste davon bleiben als Punkte auf dem Hut kleben. «Der Regen kann die Punkte wegwaschen», weiss der Pilzexperte. Nicht jeder Fliegenpilz sieht aus wie das berühmte Glückssymbol. Dann zeigt Vanelli auf den Korb, der neben dem Pappteller steht: Die Pilze darin haben alle einen braun-orangen Hut. «Das sind sechs verschiedene Pilzarten», erklärt er. «Drei davon sind Speisepilze, zwei sind nicht zum Verzehr geeignet und eine Art ist giftig.» Daraus schliesst er: «Laien, die ihre Pilze nicht kont- rollieren lassen, handeln grob fahrlässig.»
Die Kontrolle beginnt
Ein junger Mann betritt den Raum. In seiner Rechten trägt er einen Korb voller Pilze, den er auf den Tresen stellt. Vanelli schaut neugierig hinein. Ob die Maronerröhrlinge immer so klebrig wür- den, wenn sie nass seien, fragt der junge Mann. Vanelli bestätigt ihm dies, während er die Pilze nach Arten gruppiert und auf dem Tresen ausbreitet. Einer nach dem anderen hebt er die Pilze am Stiel hoch, schaut sie von oben und unten an und riecht an ihnen. «Alles in Ordnung», stellt er fest, nimmt einen Pilzkontrollschein und trägt Name und Wohnort des Sammlers ein. Dann wägt er die Pilze nach Art, notiert das Gewicht und unterschreibt den Schein, den er dem Sammler überreicht. Ein Doppel behält er für sich.
Der Pilzkontrollschein
«Der Pilzkontrollschein ist auch für mich eine Absicherung», erklärt Vanelli. Er könne ja nicht wissen, ob er jeweils alle Pilze zur Kontrolle vorgelegt bekäme. Auf dem Schein wird auch Art und Menge protokolliert, wenn der Kontrolleur Pilze konfisziert. Und ebenso, wenn er giftige Pilze einem Sammler überlässt, zum Beispiel zu Studienzwecken. Vanelli hat selber vor zehn Jahren so angefangen und seither Abende vor Pilzen verbracht, sie studiert und mikroskopiert. Dieses Jahr bestreitet er seine siebte Saison als Kontrolleur. «Man kontrolliert so, dass man gut schlafen kann», erklärt Vanelli das Credo. Es sei schon vorgekommen, dass er zwar Speisepilze vor sich, aber ein schlechtes Bauchgefühl gehabt habe. «Dann gebe ich die Pilze nicht frei.»
«Gutes Pilzgericht beginnt im Wald»
2019 sei ein gutes Pilzjahr, schon über 200 Kilogramm Pilze seien über den Tresen am Rötz- mattweg gegangen. «Ein gutes Pilzgericht beginnt schon im Wald», erklärt Vanelli. So sollten nur Pilze gesammelt werden, die nicht zu alt oder madig sind. Ein Anfängerfehler sei es, die Pilze nicht schon im Wald zu putzen. «Dann hat man eine Sauerei in der Kontrolle und in der Küche.» Zudem sollten Pilze mit einem Messer unten am Stiel abgeschnitten werden. «Nicht nur den Hut abschnei- den», warnt Vanelli. Der Stiel sei ein wichtiges Merkmal zur Bestimmung der Art. Zum Beispiel sei das beliebte Stockschwämmchen nur daran vom tödlichen Gifthäubling unterscheidbar. Schliess- lich ist der Korb Pflicht: «Auf keinen Fall in einem Plastiksack Pilze sammeln.» Sonst werden sie nicht ausreichend durchlüftet und zersetzen sich schnell. «Können Sammler einen Pilz nicht be- stimmen, dürfen sie gerne ein Exemplar mit zur Kontrolle bringen», sagt Vanelli. Interessierten die Welt der Pilze zu erklären, sei für ihn eine Art, seine Freude zu teilen. Zuletzt ruft der Kontrolleur zu einem respektvollen Umgang mit dem Wald und Pilzen auf: «Auch für uns giftige Pilze erfüllen in der Natur einen wichtigen Zweck.»
Pilzkontrolle
jeweils Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag, von 17.30 bis 18.30 Uhr
am Rötzmattweg 17, Olten