Nicht von 100 auf 0
Adrian Balz Nach 37 Jahren verabschiedet sich Adrian Balz, Leiter der Baudirektion Olten, in den Ruhestand. Ein Gespräch über die Stadt Olten, Architektur, den bevorstehenden dritten Lebensabschnitt und das Reisen.

Zahlreiche Aktenberge stapeln sich fein säuberlich aufgetürmt im Büro von Adrian Balz. Trotz seines letzten Arbeitstages wirkt der 62-Jährige entspannt. Er sei bis dato so sehr mit dem Abschluss seiner Arbeiten beschäftigt gewesen, dass er seine Gefühlslage kaum beschreiben könne, so Balz und fügt achselzuckend an: «Die erste Zeit des Ruhestandes wird sich wohl wie Ferien anfühlen.» Vor 37 Jahren trat Adrian Balz seinen Dienst im Stadtplanungsamt an, wurde zehn Jahre später Leiter Hochbau und vor neun Jahren Leiter der Baudirektion. Sein Büro im siebten Stock ermöglicht einen weitläufigen Blick auf die Stadt, für die Balz in den vielen Jahren einige Bauprojekte begleitet hat. Herzensprojekte seien grundsätzlich alle Neubauten der vergangenen Jahre wie die Heilpädagogische Schule, die Stadtbibliothek, das Feuerwehrmagazin, der Werkhof oder der Werkenpavillon Frohheim gewesen, so der Leiter der Baudirektion. Balz hatte es stets geschätzt, die Projekte von A bis Z zu begleiten und auch beim visuellen Ausdruck, der Materialisierung sowie der Farbgebung mitreden zu können.
Konflikte nicht persönlich nehmen
Als 12-Jähriger zog Balz mit seiner Familie von Thun in die Eisenbahnerstadt, absolvierte zuerst die Ausbildung zum Hochbauzeichner und besuchte anschliessend die damalige höhere technische Lehranstalt (HTL), um sich zum Architekten ausbilden zu lassen. Danach war er drei Jahre in einem Architekturbüro tätig, bis er ins Stadtplanungsamt wechselte. Später folgten Zusatzausbildungen in den Bereichen Städtebau und Baumanagement. Auf die Frage, ob er es während seiner beruflichen Laufbahn nicht vermisst habe, seine Visionen als Architekt auszuleben, überlegt Balz und meint: «Sicherlich kann sich ein Architekt mehr verwirklichen, als dies in meiner Tätigkeit als Leiter der Baudirektion möglich war. Ich hatte hingegen einen grösseren Einfluss auf den städtischen Bau- und Planungsbereich und es deshalb nie vermisst, nicht selbst Häuser entworfen zu haben.» Der Chefposten war aber nicht nur ein angenehmer. Schliesslich ging jedes Baugesuch beim Leiter der Baudirektion über den Tisch. «Es war manchmal eine Herausforderung, schlechte Mitteilungen zu übermitteln und zu erklären, wieso etwas nicht in der gewünschten Form umgesetzt werden kann», bestätigt Balz und betont: «Es ist wichtig, solche Auseinandersetzungen nicht persönlich zu nehmen. Dabei war es zuweilen nicht leicht, das Privat- und Geschäftsleben zu trennen. Schliesslich konnte ich mir nicht ein Schild mit der Aufschrift «Ich habe frei» umhängen, wenn ich auf der Strasse angesprochen wurde», meint Balz schmunzelnd. Neben den Baugesuchen hatte sich der Leiter der Baudirektion rege mit politischen Themen auseinanderzusetzen, wozu eine enge Zusammenarbeit mit der Exekutive nötig war. Deshalb verfolgte Balz die meisten Parlamentssitzungen von den Zuschauerrängen aus. «Die politische Landschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Während man früher abschätzen konnte, was politisch möglich ist, sind die heutigen Entscheide kaum mehr abzusehen. Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass weniger Partei-, dafür mehr kommunale Sachpolitik betrieben wird», ist Balz überzeugt.
Vom Queren der Stadtseiten
Rückblickend auf die vergangenen Jahrzehnte habe auch der Bau- und Planungsbereich einen starken Wandel durchlebt. «Die Gesetzesdichte hat zugenommen, was nicht nur schlecht sein muss, denn schliesslich beschäftigte man sich in meinen Anfängen noch nicht allzu sehr mit Umweltthemen», zeigt Balz auf und fügt an: «Zudem ist die Verkehrsdichte angestiegen und der Langsamverkehr hat an Wichtigkeit gewonnen.» Unverändert geblieben sei in seinen Augen das Denken über die rechte und linke Stadtseite. «Ich möchte die beiden Stadthälften keiner qualitativen Wertung unterziehen», betont Balz, der ja bisher auf der linken Stadtseite arbeitete und auf der rechten wohnt, und fügt augenzwinkernd an: «Na gut, die rechte Stadtseite hat etwas länger Abendsonne.» Queren werde er die Stadtseiten auch nach seiner Pensionierung des Öfteren, ist Balz überzeugt. Mit den Museen, der Bibliothek, der Badi und dem Stadttheater befänden sich denn auch viele Freizeitstätte auf der linken Stadtseite. Trotz seiner Thuner Wurzeln fühlt sich Balz als Oltner. Das muss er wohl, denn schliesslich werkelt er nicht nur seit Jahrzehnten in der Wagenbaugruppe der Fröscheweidzunft mit, sondern war im Jahr 2008 als Obernaar «Adi I.» gar kurzzeitig Oberhaupt der Stadt. Balz schätzt die angenehme Grösse von Olten: «Man kennt sich noch, weiss vielleicht nicht den Namen des Gegenübers, aber zumindest wo die Person «einzuordnen» ist. Zudem schätze ich die Nähe ins «Grüne» und dass Olten, trotz seiner Grösse alle städtischen Vorzüge von der Badi bis zum Theater zu bieten hat.»
Entscheid für die Frühpension
Aus vielerlei Gründen dürfte beim 62-Jährigen, der lange Zeit als Handballer beim TV Olten aktiv war, auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand keine Langeweile aufkommen. «Eine Reduktion von 100 auf 0 wird es nicht werden, denn ich habe vorgesehen meine Frühpension zu nutzen, um nebenbei als Berater im Planungs- und Baubereich tätig zu bleiben», zeigt Balz auf. «Es war ein bewusster Entscheid, selbst den Zeitpunkt der Pension zu wählen. Ich konnte mit den Sanierungen von Sälischulhaus und Stadthaus einiges abschliessen und Projekte wie das Haus der Museen auf den Weg bringen. Nun stehen neue, teilweise langjährige Projekte wie das Kunstmuseum im Hübelischulhaus, der Bau des neuen Schulhauses im Kleinholz und der Umbau des Bahnhofplatzes an. Deshalb macht es Sinn, dass nun mein Nachfolger diese in Angriff nimmt», zeigt der 62-Jährige auf. Doch natürlich, wenn dringende Fragen auftauchen sollten, sei er ja nicht von der Welt. Apropos Welt, die hat Balz in den vergangenen Jahren oft bereist und schwärmt insbesondere vom asiatischen Raum oder den Malediven als Badeort. «Vom Reisefieber bin ich schon lange infiziert. Ich sehe gerne Fremdes und liebe es, andere Kulturen und Architekturen zu erleben», erklärt der dreifache Vater und zweifache Grossvater und fügt an: «Das Reisen öffnet den eigenen Horizont.» Auszuwandern sei für ihn jedoch kein Thema. Neben einem Ausflug ins Piemont und einer Reise im Herbst nach Südafrika stünden Arbeiten am Haus an, die er bereits längere Zeit aufgeschoben habe. Und was wird Balz vermissen? «Der persönliche Kontakt zu den Mitarbeitern - und sei er noch nicht einmal auf eine Kaffeelänge - wird mir fehlen.»
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