Zurück zur Unbeschwertheit
Ueli Kleiner wird Ende Monat nach zehn Jahren als Leiter der Direktion Bildung und Sport der Stadt Olten in Pension gehen. Wir haben uns mit ihm über Stafettenstäbe, raue Gangarten und die Unbeschwertheit unterhalten.

Vergangene Woche fand die alljährliche Gesamtlehrerkonferenz in der Oltner Schützi statt, die üblicherweise der Lehrerschaft als Rück- und Ausblick dient und sich mit einem Referat zu einem ausgewählten Thema widmet. Dies war auch in diesem Jahr der Fall, als der Basler Sozialarbeiter und Soziologe Martin Hafen über «Die Bedeutung des Vorschulbereichs für den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen» referierte und zum Schluss festhielt: «Ziel der Schule muss es sein die Kreativität, Begeisterung, Bewegungsfreude und Neugier der Kinder zu erhalten.»
Wertschätzung
Hauptsächlich stand der Anlass am Montagnachmittag, der von Ensembles der Musikschule Olten frisch und einfallsreich umrahmt wurde, aber im Zeichen einer Stabübergabe. So überreichte Ueli Kleiner sichtlich bewegt nach zehn Jahren als Gesamtschulleiter den Stab an seinen Nachfolger, den Luzerner Thomas Küng. Der Stafettenstab sei ein Zeichen dafür, dass es weitergehe, aber er müsse auch losgelassen werden, meinte Kleiner vielsagend und fügte schmunzelnd an, dass er trotzdem noch seine private Telefonnummer und E-Mail-adresse darauf notiert habe. Die Lehrerschaft dankte ihrem Gesamtschulleiter mit einer stehenden Ovation und lang anhaltendem Applaus. Die Wertschätzung brachte dem Leiter der Direktion Bildung und Sport jedoch nicht nur die Lehrerschaft näher, sondern war am letzten Donnerstag auch im Stadthaus sichtbar: Auf vier Stellwänden hatte das Team auf verschiedenfarbigen Zetteln Kleiners Erfolge festgehalten.
Ein weiter Weg
«Die vergangenen zehn Jahre waren ein weiter Weg, den wir zurückgelegt haben, wenn man bedenkt, wo wir gestartet sind und wo wir jetzt stehen. Die Idee, dass an Schulen die grosse Ruhe einkehren könnte, muss man jedoch vergessen», betonte Kleiner und fügte an: «Die Schulen bilden das ab, was gesellschaftlich entsteht und wenn ich die aktuellen Umbrüche sehe, werden auch die Schulen ständig in Bewegung bleiben, was im Übrigen auch richtig ist.» Auf die Frage, ob dies ermüdend für ihn gewesen sei, meinte der Gesamtschulleiter: «Die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und Bildungs-Themen waren für mich stets hochinteressante Komponenten meiner Tätigkeit, wohingegen mich die langsamen Mühlen des Verwaltungslebens eher ermüdet haben.» Er habe denn auch alle Umstrukturierungen der letzten Jahre als sinnvoll empfunden. «Die Einführung der «Integrativen Schule» mit der «Speziellen Förderung» war richtig. Nicht zuletzt ist es eine Frage vom Menschenbild, das wir haben: Kinder sollen dazugehören und nicht auf einem Abstellgleis stehen gelassen werden.» Ebenfalls sinnvoll seien die Umstrukturierungen der Sek I-Reform gewesen, als die beiden Oltner Schulhäuser Frohheim und Säli zu einem Standort zusammengelegt wurden. «Beim Voranbringen von wichtigen Themen habe ich am meisten Energie aus dem gemeinsamen Wirken mit anderen Personen gewonnen. Dies werde ich vermissen», betonte Kleiner. Angesprochen auf die Herausforderungen der letzten Jahre antwortet der 65-Jährige: «Die Gegebenheiten rund um den finanziellen Druck in den letzten fünf Jahren stellten hohe Ansprüche an alle, die damit zu tun hatten, denn schliesslich hatte es neben den allseits akzeptierten Sparanstrengungen auch Einschnitte zur Folge wie die Reduktion der Schulleitungspensen.» Zusätzlich zu schaffen machte dem einstigen Bezirks-, Turn- und Sportlehrer ebenfalls die bereits an der Gesamtlehrerkonferenz angeschnittene «raue Gangart» in der Politik. «Nicht immer ist es gelungen, den Politikern verständlich zu machen, welche Mittel es für eine funktionierende Schule braucht. Deshalb wird die Schule als Kostenfaktor und nicht als Leistungserbringer gesehen. Weiterhin wird es deshalb ein wichtiger Teil der Arbeit sein, den politischen Instanzen aufzuzeigen, wie eine Schule aufgestellt sein muss.»
Kein leichter Abschied
Obwohl Ueli Kleiner, dankbar für eine Rückzugsmöglichkeit, seinem aargauischen Wohnort Niederlenz stets treu geblieben ist, so lobt er Olten für seine kulturellen und sportlichen Vorzüge, die zentrale Lage sowie erstklassige Gastronomie. «Olten hat so viel Gutes und Attraktives zu bieten.» Angesprochen auf den Stafettenstab an seinen Nachfolger Thomas Küng meinte Kleiner: «Diese Übergabe besteht aus einem rationalen Element: Der Nachfolger kann es künftig so machen, wie er es für richtig hält, was für mich heisst, dass ich loslassen muss. Es überrascht mich, dass mir diese Loslösung emotional so zu schaffen macht», gesteht Kleiner, bei dem sein Amt Spuren hinterlassen hat. «Mein Ehefrau Eva sagte mir kürzlich, dass ich während der vergangenen zehn Jahre, einen Teil meiner Unbeschwertheit verloren habe. Deshalb hoffe ich, dass ich nach meiner Pensionierung diesen persönlichen Einklang wieder zurückgewinnen kann.» Daneben überlegt sich Kleiner ein Philosophiestudium zu absolvieren, damit er den Dingen, die ihn beschäftigen, in Ruhe nachgehen kann. Selbstverständlich soll beim einstigen Nationalliga-Trainer im Handball auch die sportliche Betätigung mit Velofahren und Joggen wieder mehr Platz erhalten. «Ich habe zudem die Literatur und Sprachen vernachlässigt», erzählt Kleiner, der einst als Bezirkslehrer die Fächer Deutsch und Englisch unterrichtete. Viel Freude bereite ihm das Reisen nach Österreich, Italien oder England und das Musik hören. «Selbstverständlich erhält aber auch die Familie wieder einen anderen Stellenwert», betont der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Ausserdem könnte er sich vorstellen, sein Spezialwissen in bildungsgesellschaftlichen Fragen auch nach der Pensionierung einzusetzen. Mit diesem langen Interessenkatalog liegt es auf der Hand, dass es Ueli Kleiner auch im dritten Lebensabschnitt kaum langweilig werden dürfte.
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