Lokalmatadorin Lisa Christ holte sich den Kabarett Casting-Sieg

Oltner Kabarett-Casting 2018 Mit ihrer Hommage an ein fettes Leben, alle Mütter und das Erwachsenwerden tritt die Wahloltnerin Lisa Christ in die Fussstapfen von Jakob Heymann und holt sich den Sieg beim 7. Oltner Kabarett-Casting.

Lisa Christ überzeugte die Jury und das Publikum mit ihren selbstironischen und sympathischen Erzählungen über das Erwachsenwerden. (Bild: vwe)
Lisa Christ überzeugte die Jury und das Publikum mit ihren selbstironischen und sympathischen Erzählungen über das Erwachsenwerden. (Bild: vwe)

Die Reihen im kleinen, aber feinen Schwager Theater waren bis auf den letzten Platz gefüllt und die erwartungsvolle Stimmung förmlich spürbar. Kein Wunder - schliesslich sollte sich an diesem Abend entscheiden, wer sich als nächstes Kabarett Casting-Gewinner nennen und somit in grosse Fussstapfen treten darf. Schliesslich konnte der Sieger aus 2015 Christoph Simon in diesem Jahr mit dem Salzburger Stier bereits den renommiertesten Kabarettpreis im deutschsprachigen Raum entgegennehmen und bezeugt damit die Nachhaltigkeit des Oltner Nachwuchswettbewerbs. Begleitet von einem SRF-Kamerateam war der Berner Kabarettist und Autor Simon dann auch am diesjährigen Finale zugegen und mit Dominik Muheim im Publikum sowie Lisa Catena als Moderatorin des Abends gesellten sich zwei weitere ehemalige Sieger hinzu.

Von der Seifenoper zum Kabarett

Mit Lisa Christ hatte es eine Wahloltnerin ins dreiköpfige Finale geschafft, der sicherlich die meisten Dreitannenstädter im Publikum die Daumen drückten. Den Anfang machte mit Philipp Langenegger jedoch ein ehemaliger Schauspieler. Der eine oder andere Zuschauer kannte ihn möglicherweise bereits aus seinen Rollen in deutschen Seifenopern wie «Anna und die Liebe» oder «Verbotene Liebe». Obwohl er aus seinem «C-Promi»-Dasein keinen Hehl machte, besann er sich während seines Auftritts eher seinen Appenzeller Wurzeln und erzählte in breitestem Dialekt vom Dorfleben beim Säntis, dem Mattherhorn des Appenzells. Dabei bezog er die Zuschauer stets mit ein und schilderte gemeinsam mit «Laienschauspielern» aus dem Publikum, wie sich seine Kuh Soraya vor einem Nacktwanderer ungeheuerlich erschreckte. Obwohl einige Sprüche über Homosexualität oder Frauen nicht jedermanns Geschmack sein dürften, lockerte Langenegger die Stimmung im Schwager Theater mit seinen absurden Erzählung auf.

Bitterböser Bericht aus dem Lande

Von der aufgelockerten Atmosphäre profitierte denn auch der zweite Finalist Piet Heusser, der bereits im Jungen Theater Winterthur auf der Bühne stand. Von Beginn weg bewies der Nachwuchskünstler, wie viel politische Satire in ihm steckt und verlas seinen «Bericht aus dem Lande», der nur so vor schwarzem Humor strotzte. Vom Kantönligeist, über die Liebe zum Tunnelbau und Staustehen bis zu Generalabonnements für psychisch Kranke und Gräben als Sicherung der Demokratie liess er keine Eigenheit der Schweiz aus. Nach einer kurzen Alkoholumfrage, dem Zerpflücken eines «Das Magazin»-Artikels und dem Sinnieren über seine Zukunft als satirischer SRF-Ersatz von Aeschbacher lief dem Winterthurer die Auftrittszeit davon und er verliess die Bühne mit einem knappen, aber charmanten Abgang.

Eine Hommage ans Erwachsenwerden

Nach kurzer Pause und allgemeinem Austausch über das Gesehene betrat mit Lisa Christ die Lokalmatadorin unter den drei Finalisten die Bühne. Gemeinsam mit den Zuschauern schwelgte sie in Erinnerungen an die ersten unbeschwerten Alkohol-versuche oder jugendlichen Barbesuche mit 16 Jahren und sinnierte, dass sie mit Mitte 20 plötzlich einsehen müsse: «Diese Jugend ist vorbei.» Selbstironisch, humorvoll und sympathisch schilderte sie, wie sie heutzutage lieber einen Stuhl mit Lehne im Club aufsuche als Nächte durchzutanzen und auch das Leeren von Wodka- flaschen sei eher dem Flaschenentsorgen gewichen. Die Veränderung und das «Erwachsen- werden» sei jedoch vor allem in ihrem Freundeskreis greifbar. Faulheit wurde durch Fitnesswahn ersetzt, Freunde machen Kinder und behalten sie auch und immer mehr Hochzeitseinladungen flattern ins Haus. Um den «Gesundheits- und Fitnessnazis» zu entkommen, kenne Christ jedoch das beste Rezept: Die Küche ihrer Oma, wo sie ihrer Verfressenheit frönen kann und ihr klar wird: «Ein geiles Leben muss einfach ein bisschen fett sein.» Nach einer energischen Hommage an alle Mütter - die wahren Meister im Schuldgefühle-Einreden - kam die langjährige Slam-Poetin dann aber zum Schluss, das Erwachsensein manchmal auch ganz schön sein könne.

Die Gurken entscheiden

Nach den drei Darbietungen waren nebst der Jury aus Kulturschaffenden auch die Zuschauer gefragt. Mittels Plastikgurke konnte die Stimme an seinen jeweiligen Favoriten beziehungsweise dessen Wahlsäule verteilt werden. Wer die Stimmvergabe etwas mitverfolgte, wurde vom anschliessenden Abstimmungsresultat nicht wirklich überrascht: Die Oltnerin Lisa Christ überzeugte mit ihrer mitreissenden und unterhaltsamen Art nicht nur die Jury, sondern auch das Publikum. Sie darf sich sowohl über den Förderpreis im Wert von 10’000 Franken als auch ein einjähriges, professionelles Coaching freuen. Gemeinsam mit einem Mentor wird sie dabei ihr erstes abendfüllendes Programm erarbeiten, dass sie im nächsten Jahr an der «Wunschfeder» der 32. Oltner Kabarett-Tage präsentieren darf. vwe

<link http: www.kabarett.ch>www.kabarett.ch

 

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