«Ein Kulturschaffen ohne Publikum ist sinnfrei»

Kunstverein Olten Morgen Freitag, 30. Oktober wird die Doppelausstellung von Regina Graber und Wädu Nützi im Ausstellungslokal des Kunstvereins Olten eröffnet.

Der Kunstverein Olten startet morgen mit einer neuen Ausstellung (v.l.): Wädu Nützi, Regina Graber und Präsident Christof Schelbert. (Bild: mim)
Der Kunstverein Olten startet morgen mit einer neuen Ausstellung (v.l.): Wädu Nützi, Regina Graber und Präsident Christof Schelbert. (Bild: mim)

Er sei von Vorstandsmitglied Franz Oegerli angefragt worden, ob er Interesse habe, seine Skulpturen in den Ausstellungsräumen des Kunstvereins Olten zu zeigen, erzählt Wädu Nützi. Der Fulen-bacher Steinbildhauer zeigte sich erfreut, äusserte jedoch den Wunsch, gemeinsam mit Regina Graber, Oltner Kunstschaffende, Werklehrerin und Vizepräsidentin des Kunstverein Olten, ausstellen zu wollen. «Ich kannte Arbeiten von Regina und hatte den Eindruck, dass unser Schaffen gut zusammen-passen würde.»

Vom Nachwuchskünstler bis zum gestandenen Kunstschaffenden

Meist entstünden Ausstellungen des Kunstverein Olten aufgrund von Vorschlägen aus den Reihen des Vorstandes. «Dabei versuchen wir auch neue Konstellationen von Kunstschaffenden zu zeigen, die zusammen bis dahin noch nicht zu sehen waren», erzählt Vereinspräsident Christof Schelbert. Früher habe der Kunstverein Schweizer Kunstschaffen als Ergänzung zum Kunstmuseum Olten ausgestellt. «Der Kunsthandel hat sich jedoch über die Jahre sehr gewandelt, weshalb es immer weniger Galerien gibt und von den unheimlichen Summen, die im internationalen Kunsthandel ausgegeben werden, profitiert der kleine, regionale Kunsthandel nicht», erklärt Schelbert. «Von der Bevölkerung wird kaum noch Kunst gekauft, weshalb sich auch für uns als Verein unser Tätigkeitsfeld verschoben hat. Heute widmen wir uns der Förderung des regionalen Kunstschaffen.» Darunter befänden sich Nachwuchskünstler aber auch gestandene Kunstschaffende, die im Kanton Solothurn wohnen oder eine Verbindung zu ihm haben.

Breites Wirkungsfeld

Der gegen 500 Mitglieder zählende Kunstverein Olten stellt jedoch nicht nur Kunst aus, sondern möchte auch Zusammenhänge aufzeigen. Beispielsweise ist eine Ausstellung über die Grafiker der Kleiderfabrik Frey in Wangen bei Olten geplant. «Die Kleiderfabrik war ein Motor für viele Kunstschaffende und auch der Grund, wieso Olten für manch ein Künstlergrafiker spannend geworden ist», erzählt Schelbert und fügt an: «Kunstschaffende wie Hans Küchler sind wegen des grafischen Ateliers von Kleider-Frey nach Olten gekommen.» Neben Ausstellungen bietet der Kunstverein jedoch auch Exkursionen und Atelierbesuche an. «Letztere setzen wir momentan aus, da die Abstände nicht eingehalten werden können», erklärt Regina Graber. Exkursionen würden nun wieder zaghaft stattfinden. Dabei lotet der Verein die Randbereiche der Kunst aus, dies beispielsweise mit einem Besuch bei einem Architekten oder mit der Besichtigung einer Filmsammlung.

Ausbleiben des Publikums

Auch am Kunstverein Olten ist die Coronakrise nicht unbemerkt vorbeigezogen. «Wir mussten im Lockdown einige Veranstaltungen verschieben, weswegen nun das zweite Halbjahr dichter mit Ausstellungen bestückt ist», erklärt Graber. Für den Verein sei der Lockdown nicht allzu problematisch gewesen, doch für die Kunstschaffenden, die von ihrer Kunst leben, sei teilweise alles weggefallen, erzählt Schelbert und zeigt ein weiteres Problem auf: «Bildende Künstler, die nicht mehr ausstellen dürfen, können nicht beziffern, wie viel Geld sie nicht verdient haben, weshalb auch die Unterstützung für diesen Bereich schwierig ist.» Um während dieser Situation eine Ausstellungsmöglichkeit zu bieten, hat der Kunstverein den Sommer hindurch die Schaufensterausstellungen mit Werken von verschiedenen Mitgliedern durchgeführt. «Doch ein Kulturschaffen ohne Publikum ist sinnfrei», betont Schelbert. Trotz aller Schwierigkeiten erachtet Graber das Bild als gutes Medium, um auch während der Coronazeit gezeigt werden zu können, da bei einem Besuch einer Ausstellung oder eines Kunstmuseums kein Gedränge herrscht und die Abstände eingehalten werden können. Nichtsdestotrotz würden viele Angebote, um sich zu präsentieren, wie Messen, komplett wegfallen, weiss Graber, die auch als Präsidentin von Pro Kultur amtet und in dieser Funktion von Spätsommer bis Herbst eine Umfrage unter den Mitgliedern durchgeführt hat, um die Betroffenheit im Kulturschaffen aufzeigen zu können. «Momentan sind wir an der Auswertung, die je nach Sparte grosse Unterschiede zeigt. Fest steht, dass es ein riesiger Einbruch für die Kultur bedeutet.»

Besessener Schaffer

Begonnen habe er mit Rostskulpturen, die grösser und grösser wurden. Schliesslich besuchte Wädu Nützi vor zwölf Jahren einen Kurs bei Bildhauer Daniel Henzi in Oensingen, was den Grundstein für sein Bildhauer-Schaffen legte. Dabei zeigt sich der 64-Jährige, dem es insbesondere der Carrara- und der Laaser-Marmor angetan haben, als pingeliger Perfektionist. Keine Unebenheit darf auf den eher einfachen Formen zu ertasten sein. Das mit Meissel und Hammer herausschaffen der Form ist für Nützi ein wichtiger Ausgleich zu seiner Tätigkeit als Bereichsleiter Produktion an der Oltech. Dabei legt der Bildhauer eine gewisse Besessenheit an den Tag und beschreibt seine Tätigkeit als meditative «Büetz». «Es kann schon vorkommen, dass ich vom Morgen bis am Abend im Garten meines Hauses einen Carrara-Stein bearbeite und dabei vergesse zu trinken sowie zu essen und erst am Abend bemerke, dass die Augen tränen, weil das Licht der Sonne den ganzen Tag auf dem schneeweissen Stein reflektierte», erzählt der gelernte Werkzeugmacher, der unter anderen mit Zeichner, Maler und Druckgrafiker Franz Anatol Wyss und dem Kunstmaler Roman Candio ausgestellt hat.

Spannender Dialog

Regina Graber ihrerseits wird Lithografien, Fotografien und eine Installation im abstrakten Bereich zeigen. Ihre feinen Lithografie-Arbeiten druckt die Oltner Kunstschaffende selbst in einem Druckatelier in Luzern. «Die Kunstwerke von Wädu und mir ergänzen sich visuell sehr gut, denn sie haben eine ähnliche Formensprache, die sofort miteinander in einen Dialog tritt. So entsteht in jedem Galerieraum eine ganz eigene Stimmung», freut sich die Kunstschaffende. Zur Eröffnung der Ausstellung werde es keine Vernissage, sondern eine Ausstellungseröffnung von 17 bis 20 Uhr ohne Ansprache geben. Es besteht die Maskentragepflicht sowie eine beschränkte Besucherzahl. «Zusätzlich zum morgigen Eröffnungsabend werden Wädu und ich an verschiedenen Tagen in der Ausstellung anwesend sein», erzählt Graber.

Ausstellung von Regina Graber und Wädu Nützi
31. Oktober bis 29. November
Ausstellungseröffnung: Freitag, 30. Oktober, 17 bis 20 Uhr
Regina Graber ist anwesend am 30.10., 1.11.,14.11., 21.11. und 29.11. 2020
Wädu Nützi ist anwesend am 30.10., 31.10., 8.11., 21.11. und 29.11. 2020

Das Gespräch hat vor den aktuellsten BAG-Bestimmungen stattgefunden.

www.kunstvereinolten.ch

 

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