Sanfte Jäger und Sammler

Ornithologischer Verein Olten Die OVO-Mitglieder teilen die Leidenschaft für die Vogelbeobachtung und setzen sich für verbesserte Lebensbedingungen von Vögeln ein.

Unverzichtbares Requisit: Ohne Feldstecher geht Urs Elsenberger, Präsident des Ornithologischen Vereins Olten, nur selten aus dem Haus. (Bild: Achim Günter)
Unverzichtbares Requisit: Ohne Feldstecher geht Urs Elsenberger, Präsident des Ornithologischen Vereins Olten, nur selten aus dem Haus. (Bild: Achim Günter)

Wer OVO hört, denkt wohl an Eier oder an ein Malzgetränk. Nicht so Urs Elsenberger. Für ihn steht OVO primär für Ornithologischer Verein Olten. Und das schon lange. Der heute 57-jährige Oltner, Steuerinspektor des Kantons Solothurn, trat dem Verein 1988 bei, nachdem er bereits als Teenager seinen Vater regelmässig zu Vereinsanlässen begleitet hatte. Elsenberger übernahm sogleich das Amt des Aktuars, 1993 wurde er Kassier, 2006 Vizepräsident. 2010 schliesslich avancierte er zum Präsidenten, zuerst interimistisch, ein Jahr darauf regulär. Längst hat er jedes Vorstandsamt ausgeübt – «ausser Beisitzer», wie er lachend sagt.

Der Verein mit seinen derzeit knapp 110 Mitgliedern ist einer der ältesten im Kanton Solothurn. Bereits 1879 wurde er gegründet. Zu einer Zeit also, als die Natur noch weit intakter war als heute. Zwar steht das Beobachten von Vögeln beim OVO noch heute im Vordergrund. Das Schützen der Natur beziehungsweise das aktive Fördern der Artenvielfalt nimmt aber heutzutage mehr Raum ein. Stolz berichtet Elsenberger etwa vom «grossen Erfolg» mit dem Förderprojekt für Mauer- und Alpensegler. Inzwischen hängen in Olten rund 500 Nistkästen für die eleganten Segler. Als nächstes sollen sie auch an der Martinskirche eine Heimat finden.

Neben der Montage von Nisthilfen betrachtet der Verein auch das Wecken von Interesse für die Vogelwelt als eine seiner Hauptaufgaben. Zudem pflegen die Vereinsmitglieder regelmässig natürliche Oasen, bieten Beratungen an oder helfen bei Vogelbergungen. Und zusammen mit einem Grundeigentümer plant der OVO im Gheid eine Gebietsaufwertung, etwa durch Heckenpflanzungen. Coronabedingt verzögert sich dieses Projekt allerdings. Profitieren davon sollen in nicht allzu ferner Zukunft insbesondere Hecken- und Wiesenbrüter, also Arten, die es in der heutigen Kulturlandschaft ganz besonders schwer haben.

Nicht weit davon entfernt, in Olten Südwest, hält sich Elsenberger besonders gerne auf. Die dortige steppenartige Landschaft hat 2020 zum Beispiel ein Flussregenpfeiferpaar angelockt. Die sehr seltene Art hat dort erfolgreich gebrütet. Um Störungen durch Menschen und Hunde während der Brutzeit zu verhindern, stellte Elsenberger in Eigen­regie Plakate auf.

«Die Natur ist enorm unter Druck»

Der 57-Jährige hat den Eindruck, dass sich die Bevölkerung hierzulande oft ungenügend an Hinweistafeln zum Schutz der Natur hält. Dabei wäre das in der kleinräumigen und reichen Schweiz besonders wichtig. Denn die Natur in der Schweiz, weiss Elsenberger, sei «weiterhin enorm unter Druck – aus verschiedensten Gründen.» Er nennt etwa Siedlungsdruck, Bevölkerungswachstum, Strassenbau oder Intensivlandwirtschaft. Aus ornithologischer Sicht am meisten litten Vögel des Kulturlandes. Viele von denen seien auf der Roten Liste aufgeführt. Er wünschte sich, dass der Wert einer intakten Landschaft vermehrt gesehen würde. «Denn auch das hat einen Wert, auch wenn sich dieser in Geld nicht messen lässt» – und fügt schmunzelnd hinzu: «Auch wenn ich bei den Steuern arbeite.»

«Fast Food der schlechteren Sorte»

Was hält der Vogelkundler vom Vogelfüttern? Im Winter sei das an Futterstellen im Garten grundsätzlich gut. «Dann überwiegen die Vorteile die Nachteile klar. Nachteil ist, dass ein Vogelhaus halt ein Ort ist, wo Krankheiten von Vogel zu Vogel übertragen werden können.» Nicht füttern sollte man hingegen Enten oder generell Wasservögel. «Die finden normalerweise genug Futter. Und wenn nicht, ziehen sie weiter. Und vor allem: Es wird ihnen nicht das gefüttert, was gut für sie wäre: Fische, Wasserpflanzen, Muscheln. Stattdessen füttert man sie mit Brot. Und das ist denkbar schlecht für sie. Wegen des Völlegefühls, das sich einstellt, nehmen sie jene Nahrung, die sie eigentlich bräuchten, nicht mehr zu sich.» Er verstehe zwar, dass den Menschen das Füttern von Wasservögeln gefallen könne. «Aber damit schadet man den Tieren mehr, als dass es nützt. Es ist ein Fast Food der schlechteren Sorte.»

Der OVO führt jährlich normalerweise fünf, sechs Exkursionen und zwei Vorträge durch. In den vergangenen Monaten fielen die meisten davon Corona zum Opfer. Die GV wurde zuerst um mehr als ein halbes Jahr verschoben und dann doch nur elektronisch abgehalten. Dennoch sind die Ornithologen im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen vergleichsweise wenig von der Pandemie betroffen. «Das Hobby ausüben kann man trotz Corona. Aber halt nicht in der Gruppe», so Elsenberger.

Ornithologie-Boom bei den Jungen

Die Leidenschaft bleibt die gleiche: Vögel aufspüren, beobachten und dokumentieren. Ja, die Faszination Ornithologie lässt sich durchaus als besondere Form des Jagens und Sammelns begreifen. Elsenberger stellt das nicht in Abrede. Dank neuartiger Apps habe die Ornithologie in den vergangenen Jahren auch bei Jungen einen «Boom» erfahren. Man kann sich schnell austauschen und der Community stolz mitteilen, welchen seltenen Vogel man wo beobachten konnte. Auch der OVO-Präsident verlässt das Haus nur selten ohne Feldstecher und Notizblock.

Gemäss Urs Elsenberger bietet die Region Olten einige interessante Plätze für Vogelbeobachtungen. Und die Dreitannenstadt liegt offenbar nicht nur für Menschen, sondern auch für Vögel an verkehrstechnisch vorteilhafter Lage. «Durch die Lage am Jurasüdfuss und die Aare, die sich hier durch die Juraausläufer Säli und Born hindurchzwängt, kanalisiert sich der Herbst- und Frühlingszug hier mehr als andernorts.» Olten zieht also nicht nur Zugpassagiere, sondern auch Zugvögel in grosser Zahl an. Und ist so auch für Ornithologen attraktiv, die letztere beobachten wollen.

www.ovolten.ch

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