«Heimweh-Walliser» in Olten
Walliserverein Die Walliser, die in Olten und Umgebung wohnen, bringen ein Stück der sympathischen Kultur ihres «Heimatlandes» ins Tal.

Im Wallis sind die Berggipfel dem Himmel näher als andernorts.47 Viertausender ragen in den Himmel, aufgereiht zwischen Rhonegletscher und Genfersee. «Nennt mir das Land, so wunderschön, das Land, wo ich geboren bin, wo himmelhoch die Berge stehn und Mannskraft wohnt bei schlichtem Sinn – dies ist die erste Strophe der Walliser Hymne, der Refrain betont nochmals, dass das Wallis für die Einwohner mehr als nur ein Kanton ist: «Das ist das Land am Rhonestrand. Ist Wallis, unser Heimatland.» Die Hymne wird an jedem Anlass, welcher der Walliserverein Olten und Umgebung organisiert, gesungen. Dies ist eine von den vielen Traditionen, welche die 97 Mitglieder mit nach Olten nahmen. Früher standen Familienessen, Jassrunden, Kegelabende, Wanderungen sowie die Chlausenjagt im Wald ebenso auf dem Jahresprogramm wie die Generalversammlung. Heute treffen sich die Mitglieder vorwiegend an den Raclette- oder Fondueabenden sowie am «zämucho», wo sich die Mitglieder von allen 12 Vereinen in der Schweiz im Fünfjahresrhythmus treffen. Das Abendprogramm wird von den sogenannten Bozengeschichten (Walliser Bauernerzählungen mit viel schwarzem Humor) bereichert, auch die Musiker und der Weisswein stammen selbstverständlich aus dem Wallis, so Erwin Studer, der langjährige Vereinspräsident.
Seit 1959 ist ein Stück Wallis in Olten
Der Walliserverein in Olten wurde am 14. Februar 1959 von Herrn Sever im Glockenhof gegründet. «Die Walliser wohnten weit weg von ihrer Heimat und hatten Heimweh. Mit der Gründung des Vereins habe man das Wallis hierher mitgenommen, erklärt Studer. «Ausgewandert» sind viele Walliser arbeitshalber: Früher haben gemäss Studer viele Walliser in den SBB-Werkstätten gearbeitet. Oder hätten sich in Basel in der Chemiebranche weiterbilden lassen. Auch Studer kam der Arbeit wegen im Jahr 1974 von Visp in die Region Olten. Seine Arbeitsstelle bei Siegfried in Zofingen war für den Umzug ausschlaggebend. In den ersten Jahren hatte er Heimweh nach den Bergen, obwohl ihm der Jura sehr gefällt. Danach nervte ihn der ewige Nebel. Hier geblieben ist er «weil es mir sehr gefällt». Er habe Freude an seiner Arbeit, gute Freunde gefunden und eine Familie gegründet. Das Klischee, dass Walliser ihren Heimatkanton selten verlassen, stimmt gemäss Studer nicht. Bereits früher seien die Walliser viel gereist. In Argentinien im Dorf San Jerónimo Norte werde «Wallisertiitsch» gesprochen und Walliser Spezialitäten gegessen. Dieses Dorf zu besuchen, ist ein Wunsch von Studer.
Olten – Wallis retour, bitte
Zwei Drittel der Mitglieder des Vereins sind über 65 Jahre alt. Dank der NEAT ist das Wallis heute schnell erreichbar. Viele Heimweh-Walliser reisen laut Studer am Wochenende «äm uber» (schnell go Sali säge). Studer reist mindestens einmal im Monat ins Wallis. Nach einer eineinhalbstündigen Zugfahrt sitze er bereits bei seiner Familie in Visp am Küchentisch. Die jungen Walliser verlassen ihren Heimatkanton im Gegensatz zu früher eher selten. Sie pendeln vermehrt. Dies sei auch der Grund, weshalb der Verein kaum Nachwuchs erhält. Eine erste Idee gegen den Mitgliederschwund ist die Fusion mit dem Walliserverein Solothurn. An den Vereinsanlässen sowie am «zämucho» seien immer viele Kinder und Grosskinder der Mitglieder anwesend. «Wir sind eine grosse Familie. Der Zusammenhalt hat für alle Walliser einen hohen Stellenwert», erklärt Studer. Auch ranghohe Politiker und Freunde des Wallis besuchen gerne die Anlässe. Die Du-Kultur wird auch im Flachland gelebt.
Das Racletteessen im Juni ist ein Höhepunkt, bei welchem auch viele Heimweh-Walliser aus anderen Vereinen nach Olten reisen. Früher haben die Anlässe abends um acht begonnen und morgens um zwei Uhr geendet. Die Mitglieder des Walliservereins Olten haben gemäss einer Einladungskarte aus dem Jahr 1977 Theaterstücke aufgeführt, natürlich in «Wallisertiitsch». Heute finden die Veranstaltungen eher am Sonntag um 11 Uhr statt, denn die älteren Mitglieder gehen gerne etwas früher nach Hause. Wer die Gastfreundschaft, den Humor sowie die Skiferien-Atmosphäre in Olten geniessen möchte, kann sich bei Erwin Studer melden: «Käse ist bei uns immer genügend vorhanden.»