Viel mehr als ein Spielzeugauto
Kaiju Racing Seit vergangenem Mai besitzt Härkingen die erste Modellauto-Rennstrecke des Kantons Solothurn. Wie viel Arbeit und Zeit hinter diesem Vereinsprojekt und Hobby steckt, wird jedoch häufig unterschätzt.
Wer kennt sie nicht aus seiner Kindheit: Die kleinen, ferngesteuerten Spielzeugautos, die man die leere Quartierstrasse hinauf und hinunter brausen liess. Auch der Oltner Philipp Burkhardt fand bereits als kleiner Junge zu seiner Leidenschaft. Nur gab bei ihm das «Spielzeug» nicht irgendwann den Geist auf und geriet in Vergessenheit, sondern wurde regelrecht perfektioniert.
Komplizierte Hightech-Modelle
Denn die heutigen Modellautos des Oltners haben nur noch wenig mit denjenigen aus seiner Kindheit gemein. «Unsere sogenannten RC-Cars (Radio Controlled Car) sind technisch äusserst anspruchsvoll. Unter der Haube eines Modells finden sich Antriebsmechanismen und Motoren wie beim professionellen Motorsport - einfach natürlich im Miniformat.» Jeder «Racer» baut sein Auto eigenhändig zusammen und passt es seinen Bedürfnissen mit kleinen Finessen an. Ein Modellautofahrer muss also nicht nur etwas von der Fernsteuerung verstehen, sondern auch technisch versiert und interessiert sein. Dieses «Tüfteln» ist äusserst zeitintensiv und birgt überraschend hohe Kosten. «Für einen professionellen Outdoor-RC-Car im Massstab 1:10 muss man mit mindestens 1’000 Franken rechnen. Jedoch beschleunigen solche Modelle auch von 0 auf 100 in knapp zwei Sekunden und mit der richtigen Übersetzung erreichen sie bis zu 100 km/h.»
Eigene Rennstrecke in Härkingen
Sowohl das Modellauto als auch der Fahrstil unterscheiden sich signifikant vom simplen «Umherbrausen» in der Kindheit. «Das Fahren auf Outdoor-Rennbahnen mit Schanzen, Kurven und Hügeln beispielsweise benötigt eine ordentliche Portion an Fingerfertigkeit sowie Konzentration und macht daher unglaublich Spass», erzählt Burkhardt begeistert. Doch genau eine solche Bahn fehlte im Kanton Solothurn noch bis vergangenen Mai. «Wir mussten für unser Hobby immer eine längere Anfahrtszeit zu den ausserkantonalen Rennstrecken in Kauf nehmen. Dies wollten wir ändern», blickt der Initiator zurück. Ein Platz für die geplante Rennbahn war zwar schnell vor dem Betrieb von Burkhardts Vater, dem Restaurant Zur Spanischen in Härkingen, gefunden. Doch bis alle Bewilligungen eingeholt wurden, brauchte es einige Nerven. «Das Thema Lärm war anfangs ein Diskussionspunkt, wurde allerdings aus der Welt geschafft, da wir Elektro- und nicht Benzinautos verwenden.»
Kampf gegen«Kaijus»
Nachdem die Gemeinde Härkingen grünes Licht gab, fing der Aufwand erst richtig an. Um Kosten zu sparen, nahm sich Burkhardt gemeinsam mit vier Kollegen und seiner Freundin den Bauarbeiten selbst an. «Aus den erwarteten zwei Monaten wurde ein Jahr Arbeit. Täglich standen wir bei Wind und Wetter auf dem Platz, um unseren Traum Wirklichkeit werden zu lassen», erzählen Burkhardt und seine Freundin Iris Egger. Dabei machten ihnen sowohl die Begebenheiten des Bodens als auch die darin lebenden Tierchen zu schaffen. Wann immer sie den Teppich aus künstlichem Rasen für die Rennbahn ausbreiteten, wurden kleine Hügel sichtbar, die durch darunterliegende Regenwürmer entstanden. «Mit der Zeit nannten wir die kleinen Tierchen unsere «Kaijus», was in Japan «seltsame Riesenmonster» bedeutet», lacht Burkhardt. Dieser interne Scherz wurde bei der Gründung des eigenen Vereins namens «Kaiju Racing» im letzten Februar verewigt.
Schnupperstunden geplant
Nach dem ersten halben Jahr zählt der regionale Racing-Verein zehn Mitglieder und die Rennbahn in Härkingen wurde schon für Läufe der Schweizer Meisterschaft genutzt oder vom britischen RC-Profiracer Lee Martin getestet. «Jedoch wünschen wir uns für die Zukunft noch mehr Besucher und möchten uns zu einem Treffpunkt für die hiesige RC-Racing-Szene entwickeln», so Vereinspräsident Philipp Burkhardt. Zudem seien Schnupperstunden für Vereine, Firmen oder Kinder denkbar, um den Hochkonzentrations-Sport bekannter zu machen. Doch ohne Sponsoren kann sich der Verein die dafür benötigten Mietmodellautos nicht leisten. Bereits die Rennbahn wurde aus der eigenen Tasche bezahlt. Nichtsdestotrotz sind auf der Härkinger Modellauto-Rennstrecke alle Interessierten willkommen, um einen Einblick in die Racing-Welt zu erhalten.