«Wieviel verdienen Sie?»
Inländische Mission (IM) feierte heuer ihr 150-Jahr-Jubiläum in Olten. - Den Namen hat sicher jeder schon gehört. Doch was die IM eigentlich genau macht, wissen nur die Wenigsten. Grund genug, einmal hinter die Kulissen des katholischen Hilfswerks zu blicken.

Donnerstagmorgen um acht Uhr im Oltner Bahnhofbuffet: Auftritt Adrian Kempf im Anzug mit Krawatte. «Ich habe dreissig Minuten Zeit», sagte er am Telefon. «Treffen wir uns doch um acht, spätestens um zehn muss ich in Bern an einer Tagung sein». Auf den ersten Blick erfüllt Kempf das klassische Manager-Klischee: eleganter Anzug, straffer Terminkalender, redegewandt. Doch der zweite Blick zeigt: Ein Klischee heisst eben nicht von ungefähr so. Denn nicht alle Manager rennen nur dem Geld und dem eigenen Erfolg hinterher. Adrian Kempf beweist als Geschäftsführer der Inländischen Mission, dass man Managerqualitäten auch erfolgreich für einen guten Zweck einsetzen kann. Zu seinem Amt ist er eher zufällig gekommen: Während eines Executive-MBA-Studiums sass er als Banknachbar neben dem Redaktionsleiter der Schweizer Kirchenzeitung. Als der damalige Geschäftsführer der IM pensioniert wurde, fragte der Redaktionsleiter Kempf, ob ihn dieser Job nicht interessieren würde. Zuerst reagierte der Manager skeptisch. Aber dann schaute er sich das Hilfswerk näher an und fand plötzlich: «Doch, das könnte michinteressieren.» Mittlerweile ist er seit vier Jahren Geschäftsführer mit einem 60%-Pensum und hat seinen Entscheid noch nie bereut.
Kirchenrenovationen
Die IM sammelt Spenden für drei voneinander unabhängige Teilgebiete. Ein grosser Teil der Gelder geht an Kirchen-Renovationen in der ganzen Schweiz. Gemeinden, welche die Sanierungskosten nicht selbst stemmen können, bewerben sich bei der IM für einen Beitrag. Nach sorgfältiger Abklärung entscheidet die Mission, ob das jeweilige Projekt unterstützt werden soll. Die Hilfe kann in Form eines zinslosen Darlehens geleistet werden, welches nach spätestens zehn Jahren zurückgefordert wird. Ergeben die Abklärungen, dass die Gemeinde eigene Möglichkeiten zur Teilfinanzierung hat, so wird allenfalls ein Darlehen mit niedrigem Zinssatz gewährt. Zu den Kirchen-Renovationen erzählt der Geschäftsführer eine eindrückliche Anekdote: Zu Beginn seiner IM-Tätigkeit machte er einmal mit dem damaligen langjährigen Rechnungsführer eine Reise ins Wallis. «Schau dir diese Kirchen an», sagte jener, als sie mit dem Auto durch die Täler fuhren. «Neunzig Prozent davon wurden mit unserer Hilfe renoviert.» «Dass man die Ergebnisse so direkt sehen kann, hat mir gefallen», erzählt Kempf. Um dieses Erlebnis auch den Spendern zu ermöglichen, vernetzt die IM gerne Gönner- und Nutzniesser-Gemeinden. Auch werden die Gelder nie allgemein gesammelt, sondern immer für ein konkretes Projekt innerhalb der Schweiz.
Seelsorger-Projekte
Ein zweiter Teil der IM-Gelder wird für Seelsorger-Projekte eingesetzt. Dabei sammelt die IM für Bereiche, für die in der üblichen Seelsorger-Tätigkeit oft keine Ressourcen mehr bleiben. Dazu gehört beispielsweise die Seelsorge für Randgruppen. Oft sind es aber auch konkrete Ideen von Gemeinden, die Unterstützung benötigen. So klopfte schon eine Bündner Gemeinde bei der IM an und fragte nach einem Beitrag für eine Reihe Jesus-Comics für den Religionsunterricht. Eine andere Gemeinde hatte die Idee, ein Spiel mit religiösem Inhalt zu entwickeln und zu verkaufen, konnte sich aber die Produktionskosten nicht leisten. «Dabei helfen wir gerne», sagt Kempf, «solch gute Ideen muss man doch unterstützen!»
Der dritte Part der Spendenhilfe, die direkte finanzielle Unterstützung von Seelsorgern, ist historisch bedingt. «Früher», so Kempf, «hatten Pfarrer oft keine Pensionskasse und benötigten deshalb finanzielle Hilfe Dritter.» Heute ist dies geregelt. Das Geld des Teilbereichs wird zwar immer noch für pensionierte Seelsorger eingesetzt, doch die Art der Hilfe fällt mittlerweile anders aus. «Für pensionierte Kirchenmitarbeiter wird viel zu wenig gemacht», findet der IM-Geschäftsführer. Deshalb hat er einige Ideen ausgeheckt: Das Programm «Reisebüsli» soll zum Beispiel Ausflüge für die Pensionäre veranstalten. «Die Zeit wandelt sich und das Werk geht mit», resümiert Kempf. Fürs mit der Zeit gehen sorgt der Geschäftsführer immer wieder mit seinen Inputs. «Ich komme aus dem Marketingbereich der freien Wirtschaft und sehe Dinge oft aus anderer Sicht», erzählt er. So prallen verschiedene Welten aufeinander, die sich gegenseitig bereichern. Dass sich die Zeiten geändert haben, fällt Adrian Kempf oft auch beim direkten Gespräch mit Spendern auf: «Heute wollen die Menschen genau wissen, was mit ihrem Geld gemacht wird.» Der Geschäftsführer wurde auch schon am Telefon gefragt, wie viel er denn verdiene. «Wir stehen für Transparenz», betont Kempf, deshalb hat er die Lohnfrage auch ohne zu zögern beantwortet. «Wir sind ein kleines Hilfswerk und wollen auch gar nicht wachsen. Denn solange wir klein sind, bleiben wir überschaubar, und die Spender können direkt nachvollziehen, wohin ihr Geld fliesst.» Sagt’s und eilt zum nächsten Termin in seinem Zweitberuf als Manager im Personalwesen.