Lenz, der Heldenmacher

Pedro Lenz «Der Weg zum Himmel - Siebzig Heldenporträts» heisst die neue Sammlung von seinen Sportkolumnen. Am Donnerstag, 17. September liest Pedro Lenz bei «knapp live» in der Oltner Schützi daraus vor.

Bühnenschriftsteller Pedro Lenz in seinem Oltner Atelier: «Sport ist die Literatur der Strasse.» (Bild: Franz Beidler)
Bühnenschriftsteller Pedro Lenz in seinem Oltner Atelier: «Sport ist die Literatur der Strasse.» (Bild: Franz Beidler)

Schon als kleiner Junge sei er vor den Postern in seinem Zimmer gestanden und habe sich gefragt, wer die wohl seien, diese Fussballspieler, die ihm da entgegenlächeln. Bis heute hat Pedro Lenz neben Romanen, Hörspielen und Radiosendungen auch über fünfhundert Sportkolumnen geschrieben. Und bis heute fragt sich der 55-Jährige noch immer, wer diese Leute sind, die verbissen um Tore, Meter oder Millisekunden kämpfen, nur um sich in einem kurzen, magischen Moment als Helden zu verewigen. Zusammen mit Verleger Thomas Knapp hat Lenz nun siebzig seiner Kolumnen ausgewählt. «Der Weg zum Himmel» heisst die Sammlung, «siebzig Heldenporträts» steht im Untertitel. Lenz wird das Buch am diesjährigen «knapp live» am kommenden Donnerstag, 17. September in der Oltner Schützi vorstellen. Mit Lenz werden die Schauspielerin und Satirikerin Nicole Knuth und der Musiker Roman Wyss auf der Bühne stehen. «Wir kennen uns seit Jahren und sie beide sind mit Leib und Seele in ihrem Metier», sagt Lenz. «Ich freue mich sehr auf den Abend.» «knapp live» ist bereits ausverkauft. Eine Woche danach, am Freitag, 25. September, wird Lenz in der Oltner Buchhandlung Schreiber zu Gast sein.

«Ich bin ein Bühnenschriftsteller»

Dass «Der Weg zum Himmel» überhaupt entstand, ist der Coronapandemie zu verdanken. Weder Lesungen aus der Kolumnensammlung «Der Liebgott isch ke Gränzwächter» oder seinem wohl erfolgreichsten Roman «Der Goalie bin ig», noch die Bühnenprogramme zusammen mit Gitarrist Max Lässer konnten stattfinden. Für Lenz ein Debakel, denn: «Ich bin ein Bühnenschriftsteller.» Seine Texte seien zum Vortragen gedacht, «besonders jene in Mundart.» Ausserdem würden ihm Lesungen Spass machen: «Beim Schreiben bin ich ein Eigenbrötler, während Auftritten eine Rampensau.» Als die Pandemie Lenz von der Bühne vertrieben hatte, schlug ihm Knapp vor, eine Auswahl seiner Sportkolumnen zu veröffentlichen. «Er ist ein Macher», beschreibt Lenz den umtriebigen Verleger. «Für einen Grübler wie mich ist das ein Glücksfall.»

«Die Schützi ist ein Abbild von Olten»

Das neue Buch in der Oltner Schützi vorzustellen, sei ideal: «Die Schützi ist ein Abbild von Olten», sagt Lenz. «Ein Ort, an dem vieles möglich ist.» Dann erzählt er von einem Abend, an dem er in der Schützi an einer Tombola teilnahm, einen Nachttisch gewann und den noch auf dem Nachhauseweg wieder verschenkte. «Ich mache mir überall mein Dorf», meint Lenz. So eben auch in Olten: Vor zehn Jahren kam er in die Dreitannenstadt, «ursprünglich wegen dem «Flügelrad»». Das Restaurant kaufte er damals zusammen mit Schriftstellerkollege Alex Capus und Journalist Werner De Schepper. Martin Allemann übernahm das Wirten im «Flügelrad», Lenz zog in eine Wohnung darüber. Da wohnt er heute nicht mehr, denn: «Inzwischen habe ich in Olten eine Familie gegründet.» Vor einem Monat richtete er sich schliesslich auch sein Atelier in Olten ein, in Gehdistanz zur Wohnung, wo er mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern lebt. Olten ist aber nicht nur sein Zuhause geworden, sondern auch die Lebenswelt, aus der Lenz seine Geschichten und ihre Figuren webt. «So verstehe ich Literatur», kommt er zum Schluss, «als Nähe zu den Menschen.» Als Unbekannter unter Unbekannten zu leben, das könnte er nicht. «Ich muss in den Kuchen», drückt es Lenz aus. Dann schmiedet er die Menschen, die ihm begegnen, zu Figuren zusammen, «manchmal auch mehrere zu einer.» Nicht zuletzt wegen dieser Nähe ist Mundart Lenz Passion: «Mundart transportiert eine Lebenswelt.» Was andere einengt, weil sie daraus nicht entfliehen können, sieht Lenz als Chance: «Menschen in Kleinstädten müssen einen Umgang finden.» Die Schicksalsgemeinschaft zwingt zu Toleranz.

Zufällig in eine Lebenswelt geworfen

Das beschäftigt Lenz auch in «Der Weg zum Himmel». Seine Sportler sind scheinbar zufällig in eine Lebenswelt geworfen, in der sie sich abmühen, um dann in einem magischen Moment erfolgreich zu sein. «Sport ist die Literatur der Strasse», hat Lenz schon vor langer Zeit erkannt. Dem bleibt er in den Kolumnen treu. Er macht sich zum Chronisten und schreibt so manch tragische Figur als Held in unser aller Köpfe fest. Die Sehnsucht nach Heldenfiguren sei wohl in den Menschen drin. «Früher wollte ich beim Fussballspielen immer Cruyff sein», erinnert er sich an sein Fussballidol. Und es dünke ihn, als Cruyff habe er dann tatsächlich auch etwas besser zu spielen vermocht. «Von jedem unserer Helden bleibt etwas in uns zurück», ist er überzeugt. Auch wenn der Chronist die Menschen erst zu Helden macht: «Um einen Helden zu schaffen, muss ich auf einem Auge blind sein, denn Helden ohne Makel gibt es nicht.» Als «Erwachsen werden» bezeichnet es Lenz, wenn Anhänger allmählich damit aufhören, die Unebenheiten, Nebengeräusche oder gar Abstürze ihrer Helden auszublenden. Unter dieser Entzauberung leidet der Heldenmacher Lenz auch selber: «So mancher meiner Helden von damals finde ich heute mehr als zweifelhaft.» Warum also sollte jemand ein Leben lang um Tore, Meter oder Millisekunden kämpfen, nur um sich in einem kurzen, magischen Moment zu verewigen? «Wir Menschen brauchen Helden nicht nur, um sie auf einen Sockel zu stellen, sondern auch, um sie wieder davon herunterstossen zu können.»<b/>

«Literarisches Dinner mit Pedro Lenz»
Freitag, 25. September, 19 Uhr
Buchhandlung Schreiber, Kirchgasse 7, Olten

www.knapp-verlag.ch

 

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