Die Reise zu mehr Leben

Kapuzinerkloster Olten Die Fastenzeit ist für die ­Brüder im Oltner Kapuzinerkloster eine Zeit der Besinnung. Guardian Bruder Josef beschreibt den Weg von Aschermittwoch bis Ostersamstag als eine Reise.

Bruder Josef, Guardian des Kapuzinerklosters Olten, im Gebetsraum des Klosters. Hier besinnen sich die Mönche im täglichen Mittags­gebet auf die Fastenzeit. (Bild: Franz Beidler)
Bruder Josef, Guardian des Kapuzinerklosters Olten, im Gebetsraum des Klosters. Hier besinnen sich die Mönche im täglichen Mittags­gebet auf die Fastenzeit. (Bild: Franz Beidler)

Mit dem Aschermittwoch letzte Woche begann im Oltner Kapuzinerkloster die Fastenzeit. «Das ist der Beginn einer Reise», beschreibt Bruder Josef den Tag. Seit zwanzig Jahren ist der 77-Jährige im Oltner Kloster zuhause. Zum zweiten Mal amtet er in dieser Zeit als dessen Guardian, Lateinisch für Hüter. «Ich bin der Leiter des Hauses im organisatorischen, aber auch im spirituellen Sinn», erklärt er. «Wir sind aber sehr demokratisch organisiert.» So kommen die zehn Brüder des Oltner Klosters jeden Monat zum sogenannten Hauskapitel zusammen, um sich zu besprechen. Jeweils im Januar legen sie fest, wie sie die Fastenzeit begehen wollen.

«Über die Jahre wurden wir bescheidener mit unseren Zielen», sagt Bruder Josef und erklärt, dass nach Kirchenrecht die Fastenzeit nur bis zum Alter von 65 Jahren geleistet werden müsse. «Von uns betrifft das also eigentlich gerade noch einen», meint er lachend. Dennoch bleibt die Fastenzeit für die Brüder etwas Besonderes. «Es ist eine Zeit der Besinnung.»

Memento mori zum Auftakt

Denn schon der Auftakt am Aschermittwoch wird von den biblischen Worten begleitet: Gedenke, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehren wirst. Als Priester hat Bruder Josef das Ritual im Gottesdienst zum Aschermittwoch schon viele Mal vollzogen: Den Gläubigen wird etwas Asche auf den Kopf gestreut. «Solche Rituale sagen mehr, als es Worte je könnten», ist er sich sicher. «Damit bekommt der Glaube Hand und Fuss.» Am Aschermittwoch seien jeweils mehr Menschen als üblich im Gottesdienst.

Mit der Besinnung an die eigene Endlichkeit beginnt also die Reise bis zum Ostersamstag. «Ostern ist das Fest des Lebens», erklärt Bruder Josef. «Und die Fastenzeit ist der Weg dahin.» Das sei der zentrale Gedanke allen Fastens: mehr Leben. «Verzicht macht nur Sinn, wenn ich deswegen mehr Leben erfahre.»

So haben sich die Brüder in diesem Jahr vorgenommen, jeweils mittwochs und freitags während 24 Stunden auf Alkohol und Süssgetränke zu verzichten und nur Wasser zu trinken. «Wir alle laufen Gefahr, den Alltag als selbstverständlich zu nehmen», merkt Bruder Josef an. «Wer in der Fastenzeit auf die Freuden des Alltags verzichtet, lernt von neuem, sie anzuerkennen.» Wichtig sei aber, dass die entstandene Leere mit etwas gefüllt werde, das dem Leben zugute komme. Also Wasser statt Wein, ein Spaziergang anstatt dem Fernseher oder eine Frucht anstatt der Schokolade.

Worte als Impuls verstehen

Ein wichtiger Teil des Alltags im Kloster ist das Gebet. Laudes und Vesper, das Morgen- und Abendgebet, sind von der Liturgie der katholischen Kirche vorgegeben. «Das Mittagsgebet gestalten wir selber», erklärt Bruder Josef. So erhält es in der Fastenzeit eine besondere Bedeutung. «Dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, die gesprochenen Worte einsinken zu lassen und als Impuls zu verstehen.» Im Gebetsraum denken die Brüder also jeden Mittag zusammen über eine Bibelstelle nach, singen ein Lied und sprechen dann gemeinsam das Vaterunser.

«Eigentlich dauert die Fastenzeit ja 46 Tage», erklärt Bruder Josef. «Aber die Sonntage zählen nicht.» Auch der Josefstag und die Verkündigung des Herrn, jeweils am 19. März und 25. März, unterbrechen die Fastenzeit. «Da gönnen wir uns manchmal kleine Zugeständnisse», gibt Bruder Josef schmunzelnd zu.

Heilfasten ist in Mode

«Natürlich ist Fasten in Mode», ist sich Bruder Josef bewusst. Er sieht darin aber nichts Schlechtes. «Solange das Leben im Vordergrund steht, ist das im Sinn der katholischen Kirche.» Fasten dürfe einfach niemals gefährlich für die Gesundheit sein.

Das sogenannte Heilfasten bietet das Kloster Olten selber auch jedes Jahr an. «Einer unserer Brüder führt das seit Jahren in der Fastenzeit durch», erzählt Bruder Josef. Zwanzig bis dreissig Leute machten jeweils mit und würden eine Woche lang keine feste Nahrung zu sich nehmen. «Abends kommen sie jeweils im Kloster zusammen und tauschen sich aus.» Wegen der Coronapandemie fällt das Heilfasten dieses Jahr jedoch aus.

Die Pandemie mache die Fastenzeit dieses Jahr sehr handfest. «Das ist ein echter Verzicht, der ans Lebendige geht», sagt Bruder Josef zu den Coronamassnahmen. «Denn ich schätze den Kontakt mit Menschen sehr.» Dass im Moment keine normalen Begegnungen möglich seien, auch das sei eine Form des Fastens. «Schliesslich dienen die Masken und die Distanz ja dazu, um Leben zu erhalten.» Er sei dankbar, dass das Kloster bisher vom Virus verschont geblieben sei.

Um halb sechs Uhr morgens beginne jeweils der Gottesdienst am Oster­sonntag. «Dann ist die Fastenzeit plötzlich weit weg», beschreibt Bruder Josef, wie er den Moment erlebt. Ostern, das Fest des Lebens, sei das Ziel der Reise. «Dieses Ziel müssen wir im Auge behalten.»

www.kapuziner.ch/olten

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