Eine Auffangstation für Jugendliche ohne Halt

Jugendheim Aarburg Hoch oben auf einem Felsen thront das Jugendheim Aarburg. Die vom Bund anerkannte Institution führt abgeschirmt von Burgmauern jugend- und zivilrechtliche Schutzmassnahmen für männliche Jugendliche durch, die in ihrer Entwicklung gefährdet sind.

Direktor Hans Peter Neuenschwander ist seit 33 Jahren im Jugendheim Aarburg tätig. (Bild: Denise Donatsch)
Direktor Hans Peter Neuenschwander ist seit 33 Jahren im Jugendheim Aarburg tätig. (Bild: Denise Donatsch)

Im Erziehungs- und Jugendheim Aarburg stehen 43 Plätze für 14- bis 18-jährige männliche Jugendliche zur Verfügung, welche in ihrem Alltag den Tritt verloren und teils schwere Delikte begangen haben. Eingewiesen werden die Jugendlichen von der Jugendanwaltschaft, von Jugendgerichten oder Familiengerichten. Bleiben sollen sie aber nach Möglichkeit nicht allzu lange. «Ziel der Institution ist, dass die Jugendlichen ein selbstverantwortliches, selbständiges Leben führen können und in Zukunft deliktfrei bleiben», erklärt Hans Peter Neuenschwander, Direktor des Jugendheims Aarburg. Dazu gehört auch die Vorbereitung auf das Arbeitsleben.

Um auf diese Ziele hinarbeiten zu können, stehen den Jugendlichen innerhalb des Heims verschiedene Angebote zur Verfügung, unter anderem interne Berufsbildungsplätze, Beschulung sowie verschiedene Therapieangebote. Dabei wird therapeutisch mit der deliktorientierten Methode gearbeitet, welche als oberstes Behandlungsziel die nachhaltige Rückfallvermeidung anstrebt. «Bei dieser Form von Therapie geht man direkt vom Deliktverhalten des Jugendlichen aus.» Will heissen, dass sich im Verlauf der therapeutischen Behandlung die straffällig gewordenen Jugendlichen mit den von ihnen begangenen Delikten konfrontieren und sich intensiv damit auseinandersetzen müssen. Um diese Form der Konfrontation angehen zu können, sei es jedoch wichtig, zum Jugendlichen eine Beziehung aufzubauen, damit er bereit werde, sich auf diese Arbeit einzulassen.

Eine verschobene Wahrnehmung

«Viele Jugendliche, die straffällig geworden sind, bagatellisieren ihre Tat», so Neuenschwander. Für sie sei es keine grosse Sache, jemandem das Portemonnaie «abzunehmen», wie sie den von ihnen getätigten Raubüberfall oftmals sprachlich beschönigen. Und schliesslich hätte sich das Opfer ja wehren können. Die Jugendlichen zur Einsicht zu bewegen, wie schlimm ihr Vergehen war, sei alles andere als einfach; zu verschoben sei deren Wahrnehmung bezüglich eines Verhaltens, das in Ordnung ist und jenem, welches Grenzen überschreitet.

Auch müssen die Jugendlichen der Aarburger Festung lernen, Signale ihrer Umgebung richtig zu deuten. «Sich nicht von jedem Blick oder jedem Wort provozieren zu lassen, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.» Ansonsten sei der nächste Konflikt vorprogrammiert.

Authentizität ist entscheidend

Dabei seien gar nicht immer Aggressionen primär Auslöser für die heftigen Reaktionen, sondern auch Ängste. Direktor Neuenschwander weiss: «Viele dieser Jugendlichen haben ein maximal ausgeprägtes Sensorium dafür, wie eine Gruppe hierarchisch funktioniert.» Kaum beträten diese einen Raum, in welchem sich Menschen aufhalten, wüssten sie sofort haargenau, wer der Chef im Ring ist. «Sie verfügen über eine Art Dschungelmentalität und spüren sofort, wo Gefahr lauert.» Das sei aber noch nicht alles. Auch bei Erwachsenen werde sensibel bemerkt, wo deren Schwachpunkte lägen. Für das Betreuungsteam, bestehend aus Sozialpädagogen, Arbeitsagogen und Psychotherapeuten, keine einfache Situation. «Die Jugendlichen brauchen in erster Linie authentische Erwachsene, die offen aussprechen, was ist, und klare Grenzen ziehen.» Nur so bekämen die Teenager den dringend benötigten Orientierungsrahmen, der ihnen bislang nicht geboten wurde.

Problematische Peergruppen

Trotz des erfahrenen Betreuungsteams und des breiten Angebots für die Jugendlichen kann nicht jedem dauerhaft geholfen werden. Neuenschwander, der bereits seit 33 Jahren in der Institution tätig ist – davon seit 16 Jahren als Direktor –, weiss nur zu gut, wie schnell es passiert, dass die Jugendlichen rückfällig werden. «Durch den Aufenthalt hier in der Burg holen wir die Jugendlichen aus ihrer problematischen Peergruppe heraus.» Dennoch käme es auch vor, dass sie sich nach dem Austritt neuen, problematischen Gruppen anschliessen könnten. Für Neuenschwander überwiegen trotz dieser Rückschläge die guten Seiten an seinem Beruf. «Viele der Jugendlichen sind dankbar für die Hilfe, die sie hier erhalten.» Und auch wenn es ihnen manchmal schwer fällt, dies zu zeigen, als erfahrener Betreuer spüre man es trotzdem.

Mit zahlreichen Jugendlichen breche der Kontakt nie ganz ab. Und diese Rückmeldungen zeigten auf, dass viele Jugendliche es schaffen, später ein selbstverantwortliches Leben zu führen.

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