Die Hüterin der Fahne

Karin Marti Die Eishockey-Weltmeisterschaft ist für die Trimbacherin Karin Marti eine heilige Zeit. Seit mehr als 20 Jahren unterstützt sie die Schweizer «Nati» vor Ort – in einer prominenten Rolle.

Mit Leib und Seele Eishockeyfan: Karin Marti unterstützt die Schweizer Nationalmannschaft an jeder WM vor Ort. (Bild: Achim Günter)
Mit Leib und Seele Eishockeyfan: Karin Marti unterstützt die Schweizer Nationalmannschaft an jeder WM vor Ort. (Bild: Achim Günter)

Mein Herz schlägt für die Schweizer Nationalmannschaft, den ZSC und den EHCO. In dieser Reihenfolge.» Ihr Herz wird in diesen Frühlingswochen also ganz schön gefordert. Zuerst die Playoff-Finals mit den ZSC Lions und Olten, ab morgen die Eishockey-WM mit der «Nati». Die Person, deren Herz momentan mal wieder höher schlägt, heisst Karin Marti. Die 53-jährige Trimbacherin ist wohl einer der grössten Schweizer Eishockeyfans überhaupt.

Heute Donnerstag reist sie zur Eishockey-Weltmeisterschaft nach Finnland, die morgen Freitag beginnt. Es wird die 23. WM sein, die Marti vor Ort verfolgt. Seit 1998 hat sie keine verpasst, bei der man live vor Ort dabei sein konnte. 2020 wurde die WM in der Schweiz wegen Corona abgesagt, 2021 in Lettland durften keine ausländischen Gäste anreisen. «Jede WM für sich ist speziell. Aber die erste im Ausland 1999 in Norwegen mit all den neuen Eindrücken blieb mir in besonders guter Erinnerung», erinnert sie sich. «Und dann natürlich auch jene von 2013 und 2018 mit den Medaillengewinnen der Schweiz. 2018 durfte ich sogar mit der Mannschaft in einem Charterflug in die Schweiz zurückreisen.»

Das Nati-Fieber erfasst Marti 1998 bei der Heim-WM in Zürich und Basel. 1999 fliegt sie nach Norwegen – und wird endgültig infiziert. Marti gehört den Willifans an. «Willi» nimmt Bezug auf Wilhelm Tell. Die Mitglieder der Willifans supporten durchs Jahr hindurch verschiedene Deutschschweizer Klubs. Die Gruppe weist einen harten Kern von gut 30 Mitgliedern aus. Fünf bis zehn von ihnen verfolgen jeweils die gesamte WM vor Ort. Marti zählt dazu. «Für mich ist die WM der Saisonhöhepunkt und nicht die Playoffs – selbst dann, wenn die ZSC Lions den Titel holen.»

Zeiter als Auslöser für «Klubwechsel»

Längst gehört die Trimbacherin bei den Willifans zum Inventar. Mehr als das: Karin Marti ist die Hüterin der übergrossen Schweizer Fahne, welche die Nati-Fans jeweils bei einem Tor ihrer Lieblinge über ganz viele Köpfe hinweg ausrollen. Unterstützt von Kollegen entrollt sie das grosse Schweizer Kreuz und verstaut es danach wieder bis zum nächsten Torjubel. Während und zwischen den Spielen ist die Fahne in Martis Obhut.

Die Kaufmännische Angestellte, die in einem 100-Prozent-Pensum arbeitet, setzt für die WM jedes Jahr gut zwei Wochen Ferien ein. Zum Eishockey gefunden hat sie 1980 als Zwölfjährige. Fortan besucht sie regelmässig Spiele im Kleinholz, erlebt Auf- und Abstiege mit den Grünweissen mit. Schmunzelnd sagt sie: «Ich war 22 Jahre Olten-Fan, ehe ich meinen Horizont erweiterte.»

Profiteure ihrer «Horizonterweiterung» sind die ZSC Lions. Der Wechsel des Fanlagers passiert im Zuge der Nationalmannschaft. «Ein bestimmter Spieler der Nati gefiel mir beim Interview im Anzug enorm gut. Da schaute ich nach, in welchem Klub er spielt. Ich schluckte erstmal leer, denn zwischen dem ZSC und Olten hatte in den 80er-Jahren stets eine gewisse Rivalität bestanden.» Beim betreffenden Akteur handelt es sich um Michel Zeiter, damals die ZSC-Kultfigur schlechthin.

In der Saison 1998/99 besitzt Marti noch immer die Saisonkarte des EHCO, besucht aber wegen Zeiter – «nur wegen ihm» – auch bereits gelegentlich einen ZSC-Match. Bald schon ist Marti wesentlich häufiger im Hallenstadion als im Kleinholz anzutreffen. Später wird die nächste grosse ZSC-Klubikone Mathias Seger Michel Zeiters Platz im Herzen von Karin Marti übernehmen.

Seit der Saison 2000/2001 ist Marti im Besitz der Saisonkarte in Zürich-Oerlikon. Nur ein einziges Spiel verpasst sie seither – wegen Krankheit. Es ist – wenn das kein Schicksal ist! – jenes, als ihr Lieblingsspieler Michel Zeiter von einer Schlittschuhkufe am Hals getroffen wird und beinahe verblutet. Inzwischen durfte Marti mit den ZSC Lions bereits sechs Meistertitel bejubeln, der siebte wurde jüngst gegen den EV Zug nur hauchdünn verpasst.

«Mit dem Eishockey verheiratet»

Den Saisonauftakt im Spätsommer kann sie jeweils kaum erwarten. Im Stadion verfolgt sie pro Saison an die 50 Eishockeymatches. «Es kam auch schon vor, dass ich pro Woche an sieben Tagen fünf Spiele sah.» Als sie ihren Partner kennenlernt, mit dem sie mittlerweile über 20 Jahre liiert ist, sagt sie ihm: «Ich bin mit dem Eishockey verheiratet.» Und ein Abkühlen dieser Leidenschaft ist nicht zu erwarten: «Ein Kollege hat mal gesagt: Je älter man wird, desto intensiver, verrückter wird es.»

Die nächsten gut zwei Wochen wird ihr Partner einmal mehr ohne sie auskommen müssen. Heute Donnerstag startet das WM-Abenteuer Nummer 23 für Karin Marti. Zuerst geht es per Zug nach Hamburg, anschliessend mit dem Nachtzug nach Stockholm und schliesslich mit der Fähre über die Ostsee nach Helsinki. Am Samstag steht dann auch schon das erste Spiel der Nati gegen Italien an.

Falls das Fischer-Team seinen Supportern keine erneute Sternstunde beschert, hat Marti ein zweites heisses Eisen im Feuer. Das Herz von Karin Marti schlägt auch ein wenig für die Finnen. Und die treten diesmal ja vor Heimpublikum an. Die Chancen also, dass Marti trotz des verpassten Titelgewinns der ZSC Lions zumindest an der WM etwas zu feiern haben wird, stehen gar nicht mal so schlecht.

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