«Es geht nicht darum was, sondern, dass man macht»

Ruth Kissling wollte als junge Frau Nonne werden. Später befreite sie sich mit ihrer Kunst von beengenden Vorstellungen und malte ihre Sehnsüchte auf Leinwand. Einige Werke der gebürtigen Wolfwilerin sind in den Räumlichkeiten des Hotels Arte in Olten zu sehen.

Ruth Kissling vor ihrem Bild «ReNaissance», für das sie sich von ihren Paris-Aufenthalten inspirieren liess. (Bild: mim)
Ruth Kissling vor ihrem Bild «ReNaissance», für das sie sich von ihren Paris-Aufenthalten inspirieren liess. (Bild: mim)

Acht Teile ergeben ein Ganzes. Das Ganze erzählt die Geschichte eines Traums. Ein Traum, den Kunstmalerin Ruth Kissling in satten, leuchtenden Farben auf acht Leinwänden mit einer Gesamtfläche von über fünf auf drei Metern malte. Die mit ihren 1.53 Metern eher kleine Malerin fertigt mit Vorliebe grosse Werke an. «Meine Zeichnungen sind klein, aber die gemalten Bilder sind riesig», bestätigt die 70-Jährige lachend. Wieso das so sei, wisse sie nicht. «Ich mag kräftige Ölfarben, Cadmiumfarben von gelb bis rot, welche diese starke Leuchtkraft ergeben», erzählt Kissling, die stets Geschichten malt, die sie selbst erlebt hat. Das überdimensionale Bild mit dem Namen «Le Rêve» erzählt vom Traum, den Ruth Kissling vor vielen Jahren in Crissier (VD) träumte. Das Bild handelt von der Liebe. Wie so viele von Kisslings Werken. «Le Rêve» zeigt den der Malerin eigenen Stil surrealer Elemente mit erotischen Andeutungen. 2010 erhielt Kissling dafür den Kunstkritik-Preis von Arte-Binningen.

Auf der Suche nach dem eigenen Weg

Ruth Kissling wuchs in Wolfwil auf und verlebte eine behütete Kindheit. «Ich habe schon immer, bereits im Bauch meiner Mutter, gemalt», erzählt die Tochter einer Schneiderin und eines Försters schmunzelnd. Bei ihrem Zeichenlehrer, dem Kunstmaler Roman Candio, malte Kissling «Schwälbeli» und «Geissli», ausserdem besuchte sie als einziges Mädchen das technische Zeichnen. Als Jugendliche führte sie das obligatorische Haushaltungsjahr schliesslich ans Mädchenpensionat «Maison Chappuis» im jurassischen Soyhières. Anschliessend absolvierte Kissling am selben Ort die zweijährige Handelsschule. «Ich wollte der Schwesterngemeinschaft beitreten», erzählt die Malerin, für die deren Anschauung im Bezug auf die Sünden der Menschen Beengung und Orientierung zugleich war. Doch es kam anders. Die Eltern besorgten der Tochter eine Stelle im heimischen Wolfwil als kaufmännische Angestellte. Ihre Liebe zur französischen Sprache und Kontakte über den Röstigraben hinweg pflegte Kissling jedoch ihr ganzes Leben. So ist es nicht erstaunlich, dass sie nach einem beruflichen Abstecher in Aarburg nach Genf zum Angestelltenverband wechselte. «Meine Cousine arbeitete bereits dort. Dies gab mir die Gelegenheit, Genf kennenzulernen.» Danach zog es sie ins zürcherische Uster. «Dort lernte ich meinen Horizont zu erweitern. Seither habe ich einen Gott, der mir Gutes wünscht und mich nicht geisselt wegen scheinbarer Sünden», betont die Malerin. In Zürich entstand auch der Wunsch nach einer sinnvollen Tätigkeit: «Ich wollte helfen und radelte mit dem Velo von Uster nach Pfäffikon, wo ich als Hilfsschwester chronisch Kranke pflegte.» Die angestrebte Ausbildung zur Krankenschwester führte Kissling schliesslich nach Basel, wo sie inzwischen seit über vierzig Jahren wohnt und arbeitet. Die Ausbildung jedoch schloss sie nicht ab. «Ich wollte mir Zeit nehmen für die Patienten, was bereits damals nicht möglich war.» Schliesslich wechselte die leidenschaftliche Hutträgerin zum einstigen Pharmaunternehmen Ciba-Geigy. Kontakt inner- und ausserhalb der Firma verliehen schliesslich auch ihrer Malerei Aufschwung. Noch heute erinnert sich Ruth Kissling in ihrer bescheidenen Art an ihre erste Ausstellung 1986 zurück. Es folgte eine Einladung nach Paris, wo Ruth Kissling, die eine Schwäche für den Kunstmaler Toulouse Lautrec hat, einige für ihre Malerei inspirierende Schaffensaufenthalte im Bezirk Montmartre beim Sacré-Cœur verlebte.

Die Sehnsucht auf der Leinwand

1991 ergab sich für die Kartenbox «Sinnliches Sinnen» eine Gelegenheit, Kissling’s Werke Gedichten der Oltner Kulturjournalistin Madeleine Schüpfer gegenüberzustellen und auch mit ihrem Bruder Bruno, einem Hausarzt und Autor, arbeitete die Kunstmalerin in den vergangenen Jahren immer wieder zusammen. Aus wirtschaftlichen Gründen verlor Kissling, die nächtelang an ihren Bildern arbeitete, ihren Job, worauf sie für einige Zeit einen Erotik-Laden am Basler Bahnhof betrieb. «Ein Leben ohne Malerei? Das geht nicht«, betont Kissling, die verschiedene Extreme lebt. Sie hat einerseits pedantisch-ordentliche Züge, kann aber auch sehr chaotisch sein. Gleiches zeigt sich in ihrer sehr offenen Haltung und ihrer eigenen grossen Zurückhaltung. Nur ihre Werke offenbaren die tiefe Sehnsucht nach der perfekten Beziehung zwischen Mann und Frau.

Kunstausstellungbis Samstag, 24. August
Pallas Kliniken/Hotel Arte, Olten

<link http: www.ruthkissling.ch>www.ruthkissling.ch

 

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