Nicht die wütende Seite gewinnen lassen

Andrea Bignasca ist einer der Headliner der dritten Ausgabe des Musikfestivals «OltenAir», das vom Freitag, 2. bis Samstag, 3. August in der Oltner Schützi stattfinden wird.

Musiker Andrea Bignasca geht in seinem neusten Album «Murder» seiner wütenden Seite auf den Grund. (Bild: ZVG)
Musiker Andrea Bignasca geht in seinem neusten Album «Murder» seiner wütenden Seite auf den Grund. (Bild: ZVG)

Gitarrenklänge. Seine Stimme setzt ein: Kehlig und mit einem Gefühl scheinbar tief aus dem Bauch erzeugt er mit ihr eine Spannung, die immer weiter gesteigert wird, bis sich die Stimmung durch seine Raspelstimme einer Explosion gleich in ureigenster Rock-Manier entlädt. Die Rede ist vom Tessiner Musiker Andrea Bignasca, dem sowohl alleine mit seiner Gitarre, als auch gemeinsam mit seiner Band eine berührende Präsenz gelingt. Das Interview mit dem 31-Jährigen findet in einer Hotellobby in Zürich statt und beginnt mit einer herzlichen Umarmung zur Begrüssung. Freundlich und bescheiden sind die ersten Eindrücke vom Musiker mit den schulterlangen Haaren und den leuchtend blauen Augen. Der Tessiner ist soeben mit dem Auto in Zürich angekommen, hat eingecheckt und dreht sich nun eine Zigarette.

Entscheid für die Musik

Seine ersten musikalischen Schritte hat Bignasca seiner Mutter zu verdanken. «Sie hat viel mit uns im Auto auf dem Weg nach Schaffhausen gesungen», so der zweisprachig im Tessin aufgewachsene Sohn einer Schaffhauser Physiotherapeutin und eines Tessiner Lehrers.
«Wegen ihr habe ich damals auch mit dem Flöten spielen begonnen», erzählt er mit einem etwas verlegenen Lachen. Als ihn als Siebenjähriger ein Schlagzeug-Solo begeisterte, war es ebenfalls seine Mutter, die für ihn ein Schlagzeug mit entsprechendem Unterricht organisierte. Mit 17 Jahren gründete er mit zwei Schulkollegen die Band «Vermillion Rouge». Doch zwei Schlagzeuger waren eindeutig einer zu viel, weswegen Bignasca kurzerhand den Sänger- und Gitarristen-Part übernahm. «Ich habe mir beides selbst beigebracht, indem ich mir im Internet Videos angeschaut habe.» Nach Konzerten bis in die Deutschschweiz entschied sich Bignasca schliesslich im Jahr 2012 Solo als Musiker weiterzumachen. «Bei meinen einstigen Bandkollegen, zwei Ärzten, lag der Fokus auf ihren Berufen, ich wollte aber meinen Namen bekannter machen.» Doch erst nach seinem Bachelor-Abschluss in Literaturwissenschaften in Zürich, merkte Bignasca, dass er wohl in der von ihm beruflich eingeschlagenen Richtung nicht glücklich werden wird. «Als ich mich schliesslich entschloss ganz auf die Musik zu setzen, meinten meine Eltern, meine Schwester und Freundin, dass sie froh seien, dass ich es nun auch endlich gemerkt habe», erzählt der 31-Jährige mit einem Lachen, der sich bewusst war, als Musiker mit wenig Geld durchkommen zu müssen. Sich dann tatsächlich als solcher zu bezeichnen fiel dem Tessiner zu Beginn nicht leicht. «Wenn ich gefragt wurde, sagte ich jeweils, dass ich Student sei», erzählt er schmunzelnd.

Der schwierigste Part

Auf die Frage, welchen beruflichen Weg er als Junge eingeschlagen hätte, überlegt Bignasca einen Moment. «Bis ich zehn Jahre alt war, drehte sich mein Leben um Fussball», erzählt der bekennende Juventus Turin- und HC Lugano-Fan. Daneben sei es schon immer das Schreiben gewesen, das ihn faszinierte, so hätte er sich auch als Schriftsteller, Journalist oder Schauspieler gesehen, erklärt der Musiker, der alle seine Songs selbst schreibt und grossen Wert auf deren Inhalt legt. Bei einem neuen Song komme zuerst die Musik, dann die Stimme und schliesslich das Wort. «Der Text ist der schwierigste Part, denn er muss einfach und gleichzeitig anspruchsvoll sein. Songs schreiben und sie zu performen ist der Kern, wieso ich Musik mache», so Bignasca. Er selbst beschreibt sich als ungeduldig, doch er könne auch mal den Clown spielen, meint er lächelnd und fügt ernst hinzu: «Ich brauche viel Zeit für mich selbst und führe manchmal gar ein Leben als Einsiedler.»

Zweites Konzert am selben Abend

Auf seinem ersten Solo-Album «Gone», das 2015 erschien, spielt Bignasca rockige Stücke, teilweise mit Folk und Blues-Einflüssen. Eindeutig rauer hört sich das zweite Album «Murder» aus dem vergangenen Herbst an, mit dem der Tessiner von SRF 3 als «Best Talent» im Oktober ausgezeichnet wurde. Wenn er Musik mache, erzählt Bignasca, dann gebe es für ihn nichts anderes. «Es ist eine Art Trance, in der jegliches Zeitgefühl verloren geht.» Angesprochen auf die beiden bedrohlich klingenden Songs «Murder» und «Monster» auf seinem neuen Album, bestätigt der Musiker: «Das Album ist mit der gesamten Band eingespielt und kommt insgesamt wütender daher als das erste. In den beiden Songs thematisiere ich meine negativen Gefühle, wie Wut, Hass und Misanthropie, die mir nicht gut tun. Deshalb versuche ich, ihnen die Hoffnung und Liebe entgegenzuhalten. Dies mit dem Bewusstsein, dass es in der heutigen Welt einfacher wäre, die andere Seite gewinnen zu lassen.» Seine Spielfreude hat Bignasca bereits mehrmals in Olten gezeigt, das letzte Mal bei einem ausverkauften Konzert im Coq d’Or. Neben guten Erinnerungen an die Stadt hat er mit seinem Tontechniker Jukka Altermatt und bald auch Tourmanager Mathias Schibler gar zwei Oltner mit im Team. Auf das «Olten-Air»-Konzert, das er am Samstag, 3. August spät abends in der Schützi spielen wird, ist Bignasca besonders gespannt: «Ich mag kleine Festivals, in welche die Organisatoren so viel Liebe reinstecken. Zudem wird das Konzert in Olten das Zweite an diesem Abend sein.»

<link http: www.oltenair.ch>www.oltenair.ch

 

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