Wie auf Schienen

Marius Kaiser Der Starkirch-Wiler OL-Läufer Marius Kaiser hat sich sein letztes Jahr im nationalen Juniorenkader anders vorgestellt. Nun fragt er sich, auf welche Weise er den OL-Sport betreiben will.

Schon seit Jahren läuft Marius Kaiser während seines OL-Trainings am Waldweiher in Starrkirch-Wil vorbei. (Bild: Franz Beidler)
Schon seit Jahren läuft Marius Kaiser während seines OL-Trainings am Waldweiher in Starrkirch-Wil vorbei. (Bild: Franz Beidler)

Orientierungslauf sei für ihn im besten Fall ein Flowerlebnis. «Dann laufe ich wie auf Schienen und die Posten kommen nur so angeflogen», beschreibt Marius Kaiser die Momente, in denen er mit Landkarte und Kompass in den Händen durch Wälder und über Lichtungen sprintet - oder wohin ihn der nächste Posten auch immer führen mag. «Kein Lauf ist wie der andere. Ich weiss nie, was mich erwartet, so ist jeder ein eigenes Abenteuer.» Eben erst feierte Kaiser seinen zwanzigsten Geburtstag: Am 9.9.99 wurde er in Starkirch-Wil geboren, wo er mit einer zwei Jahre jüngeren Schwester aufwuchs. «Das Schnapszahlendatum ist so einfach, dass ich mir die Geburtstage Anderer nicht merken kann», kommentiert er augenzwinkernd, «aber meine Mutter ist natürlich stolz darauf.» Schliesslich sei seine Geburt kein Kaiserschnitt gewesen, führt er ein Wortspiel mit seinem Familiennamen. Im vergangenen Jahr legte Kaiser die Matura an der Kantonsschule Olten ab. Als Abschlussarbeit erstellte er eine OL-Karte vom Wald um das Gehöft Chrisental in Däniken, weil vom Gebiet nur veraltete, wenig detaillierte Karten vorhanden waren. «Das war ziemlich viel Arbeit, mehr als ich dachte.»

Der Kartografie verfallen

Die Faszination für Karten wurde Kaiser wohl in die Wiege gelegt. Noch ein Dreikäsehoch habe er Landkarten auf dem Boden seines Zimmers ausgebreitet und studiert, indem er die Fluss- und Strassenverläufe mit dem Zeigefinger nachzeichnete. «Bis heute ist meine Stärke beim OL das Kartenlesen. Physisch bin ich eher schwach», sagt Kaiser von sich. Vielleicht seien seine Beine deshalb nach einem Lauf weniger verkratzt, als die der anderen: «Möglich, dass ich unbewusst um die Brombeeren herumlaufe.» Seinen ersten OL lief er als 10-Jähriger. Der Verein OL Regio Olten hatte für den Ferienpass über den Sommer im Hardwald ein Training organisiert. Kaiser lief von Beginn weg schnelle Zeiten. «Früher war ich nie sportlich», erklärt er achselzuckend. Davor habe er als Handballer und in der Jugi keinen Erfolg gehabt. «Aber OL machte mir Spass.» So begann er im folgenden Herbst mit dem Training und meldete sich im Frühling zum Trainingslager des Regionalverbands an, ohne dort jemanden zu kennen. «Ich weiss nicht, ob ich heute noch den Mut dazu hätte», sinniert er. Anders als viele seiner Kollegen sei er nicht durch die Eltern zum OL gekommen. «Eher habe ich sie zu OL-Läufern gemacht», meint Kaiser lachend. Aber sie hätten ihn immer unterstützt. Als 14-Jähriger trainierte er regelmässig, lief fast täglich am Waldweiher in Starrkirch-Wil vorbei, und wurde für das Regionalkader Bern-Solothurn aufgeboten. «Ich war skeptisch», erinnert sich der Starrkirch-Wiler. «Ich hatte keine Lust, jeden Tag wie ein Spitzensportler zu trainieren, bewarb mich dann aber trotzdem.» Beim ersten Kaderzusammenzug traf er erneut auf lauter Unbekannte. Doch wie schon zuvor schloss er bald Freundschaften. «Rückblickend war die Bewerbung das Beste, was ich machen konnte.»

«2017 war mein bestes Jahr»

2017 qualifizierte sich Kaiser für den Jugendeuropacup in Fürstenfeld in Österreich und war damit Teil des nationalen Juniorenkaders geworden. «2017 war mein bestes Jahr», sagt er, «2018 hingegen schwierig.» Nach der Matura im Frühling musste er im Sommer in die Rekrutenschule. Während er zuvor noch sechs Mal die Woche trainierte, waren es jetzt nur noch drei bis vier Mal. Entsprechend viel nahm er sich für das Jahr 2019 vor, das sein letztes im Juniorenkader ist: «Ich wollte mich unbedingt für die Juniorenweltmeisterschaft in Dänemark qualifizieren.» Doch die Qualifikation im vergangenen Mai lief schlecht. «Ich hatte es in den Händen», sagt er ernüchtert. Beim Testlauf über Mitteldistanz lief er mit einem guten Gefühl in seinem üblichen Flow. Doch beim drittletzten Posten hatte er einen Aussetzer. «Ich weiss nicht, was passiert ist, aber ich stand zwei Minuten ohne Orientierung im Wald herum», erinnert er sich. Ausgerechnet der Umgang mit der Karte, sonst seine Stärke, klappte nicht. Am Ende trennten ihn jene zwei Minuten von der Siegerzeit. Über die drei Testläufe holte er insgesamt sechs Fehlerminuten und verpasste die Qualifikation. «Das hat mich fast geknickt», sagt Kaiser. Danach kam er ins Grübeln, nicht zuletzt auch, als er im nationalen Trainingslager im Frühling mit dem schweizerischen Elitekader trainierte: «Bei den Eliten geht es nur noch um Leistung. In den Juniorentrainingslagern hatten wir noch Jasskarten und einen Fussball dabei. Bei den Eliten nicht.» Ob er auf diese Weise OL machen wolle, wisse er momentan nicht.

Studium in Lausanne

Auch wenn die OL-Saison schon bald zu Ende geht, bleibt Kaiser nicht viel Zeit, um nach- zudenken. Anfangs September hat er sein Studium als Bauingenieur an der «Ecole Polytechnique Fédérale» in Lausanne begonnen. «Die Physikkurse sind auf Deutsch», sagt er lächelnd. Nun wohnt er unter der Woche mit zwei Studienkollegen in Lausanne. Das OL-Training muss er oft zwischen zwei Kurse quetschen. «An der Kanti war der Stundenplan kompakter.» Im Gegensatz zum Lernen und Laufen fehlen der Fernseher und das Klavierspielen. You Tube auf dem Mobiltelefon muss den Flimmerkasten ersetzen. «Ein Klavier habe ich in Lausanne leider nicht.» Während zehn Jahren nahm er Stunden. «Wenn ich am Wochenende nach Hause komme, setze ich mich immer auch ans Klavier.» Und er lasse sich gerne verwöhnen. «Nicht selber kochen zu müssen, ist natürlich bequem», hält er fest. Als Sohn von Klaus Kaiser, Koch und Wirt im Oltner Café Grogg, lege er Wert auf ein warmes Abendessen, sagt er und fügt lachend an: «Mindestens Dosenravioli müssen es schon sein.»

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