Herausfordernde Zeiten

Kulturschaffende und die Coronavirus-Krise Wir haben beim Kulturvermittler Rainer von Arx und beim Saxofonisten Simon Spiess nachgefragt, wie ihre Situation aussieht und weisen auf Projekte hin, die sich aus der Krise entwickeln.

Das Coronavirus stellt Kulturschaffende vor grosse Herausforderungen, so auch Saxofonist Simon Spiess und... (Bild: ZVG)

Das Coronavirus stellt Kulturschaffende vor grosse Herausforderungen, so auch Saxofonist Simon Spiess und... (Bild: ZVG)

Rainer von Arx, der Künstlerische Leiter der Oltner Kabarett-Tage, Kulturveranstalter und Inhaber einer Künstleragentur. (Bild: ZVG)

Rainer von Arx, der Künstlerische Leiter der Oltner Kabarett-Tage, Kulturveranstalter und Inhaber einer Künstleragentur. (Bild: ZVG)

Von Woche zu Woche wurden, seitdem der Coronavirus in der Schweiz angekommen ist, Veranstaltungen zunehmend eingeschränkt. Am Montag, 16. März hat der Bundesrat schliesslich jegliche öffentliche und private Veranstaltungen verboten. Neben Ladengeschäften - ausgenommen Lebensmittelläden und Apotheken - sind auch kulturelle Institutionen wie das Stadttheater, Kleintheater und das Kino sowie städtische Institutionen wie das Kunstmuseum oder das Haus der Museen geschlossen. Das Ziel ist klar: Dadurch, dass weniger Menschen aufeinandertreffen, soll die Verbreitung des Virus verlangsamt werden.

Weitreichende Folgen

«Das ist eine wichtige Massnahme, die wir selbstverständlich mittragen», betont Rainer von Arx. Er trägt als künstlerischer Leiter der Oltner Kabarett-Tage, als Kulturveranstalter mit dem Verein art.i.g. und als Inhaber der Künstleragentur kunstprojekte.ch verschiedene Hüte. Wie es mit den Kabarett-Tagen, die vom 6. bis 16. Mai in Olten stattfinden sollen, weitergeht, stand zur Zeit des Redaktionsschlusses noch nicht fest. Eine einschneidende Tendenz zeige sich jedoch bei der Agenturarbeit. «Seit einigen Wochen managen wir Absagen», berichtet der Hägendörfer und fügt an: «Und dies in den Monaten März und April, welche zu den wichtigsten für Kleinbühnenkünstler gehören.» Für zusätzliche grosse Verunsicherung habe auch die Absage der 61. Schweizer Künstlerbörse in Thun gesorgt, die im April hätte stattfinden sollen. «An der Künstlerbörse werden teilweise Auftritte für das ganze Jahr vereinbart», so von Arx über deren Wichtigkeit. «Mit unserer Agentur hätten wir 14 Künstler vertreten. Nun sind wir daran, Ersatzszenarien zu prüfen. Wir konnten mit einigen Veranstaltern vereinbaren, dass wir den Auftritt auf den Herbst verschieben, sie den Künstlern aber bereits die Hälfte der Gage bezahlen», erzählt von Arx dankbar. Die Situation vonseiten der Agentur sehe nicht besser aus. «Wir Agenten erhalten eine Provision, die in der Regel ein paar Monate nach dem Auftritt bei uns eintrifft. Nun haben wir sehr viel Arbeit, aber schliesslich keinen Lohn und das betrifft die gesamte Wertschöpfungskette bis zum Tontechniker.» Selbstverständlich könne man Auftritte auf die zweite Jahreshälfte oder ins 2021 verschieben, bestätigt er, trotzdem verfüge der Künstler im schlimmsten Fall lediglich noch über die Hälfte seines Einkommens und die Miete müsse schliesslich auch bezahlt werden.

Mehr Vernetzung und positive Signale

Neben dieser schwierigen Situation entstehe jedoch auch Gutes. «Viele Künstler suchen neue Wege. Sie verfassen Podcasts und spielen Live-Stream-Konzerte in die Wohnzimmer der Fans. Es ist viel Solidarität und Wertschätzung zu spüren», zeigt von Arx auf. Den Kopf in den Sand stecken wird der 44-Jährige auf jeden Fall nicht. Gemeinsam mit Pipo Kofmehl von der Solothurner Kulturfabrik Kofmehl ist er daran, eine Chat-Gruppe auf WhatsApp aufzubauen. «Wir möchten möglichst alle Kulturschaffenden aus dem Kanton Solothurn miteinander vernetzen», so von Arx. Oftmals ginge es um dieselben Fragen. Die Chat-Gruppe soll Antworten bereithalten, ohne dass jeder Einzelne Abklärungen treffen müsse. Ausserdem hat die Oltner Ticketing Firma Eventfrog vor ein paar Wochen die Aktion «Jedes Ticket zählt» ins Leben gerufen. Jeder Veranstalter kann dabei seine eigene Veranstaltung eröffnen und dafür Spenden sammeln. Positive Neuigkeiten gab es schliesslich auch am vergangenen Freitag von Bund und Kanton. Der Regierungsrat teilte mit, «dass Veranstalter, die ihre Anlässe wegen der Coronavirus-Pandemie nicht durchführen können, die aus dem Lotterie- oder Sportfonds zuge-sicherten Beiträge als Soforthilfe trotzdem erhalten». Ausserdem hat der Bund nun insgesamt 42 Milliarden als Unterstützung für die Wirtschaft gesprochen. Kulturschaffende können sich den Einnahmeausfall aus abgesagten Veranstaltungen nun zu 80 Prozent von den Kantonen entschädigen lassen. «Das sind wichtige und positive Signale», so von Arx.

Eine finanziell knappe Situation

Für ihn habe sich durch die Coronavirus-Krise zumindest in seinem Alltag nicht allzu viel verändert, erzählt Saxofonist Simon Spiess. «Ich verbringe meine Zeit nach wie vor zu Hause beim Üben. Einzig die Unterrichtsform via Face Time hat sich verändert und ist noch etwas gewöhnungsbedürftig», erzählt der Musiker. Dank des Unterrichts könne er knapp die Monatsmiete stemmen, erzählt Spiess, der in diesem Frühling weniger Auftritte eingeplant hatte, da er in den nächsten Wochen zum ersten Mal Vater wird. Doch er weiss, schon bald dürfte es auch für ihn und seine gewachsene Familie finanziell eng werden. «Kollegen von mir, die nicht unterrichten, mussten teilweise bis zu 20 Gigs absagen. Die stehen nun vor dem Nichts», so Spiess, der dankbar ist über die Unterstützung vonseiten des Bundes und des Kantons. Der in Dulliken wohnhafte Jazz-Saxofonist wird ausserdem am neuen Projekt «Sofakultur» von Kolt-Verlagsleiter Yves Stuber mitwirken. Dieser hat innerhalb kürzester Zeit eine Plattform aus dem Boden gestampft, auf der sich verschiedenste hiesige Kunstschaffende mit Videobeiträgen präsentieren. Zugang bekommt, wer das monatliche Eintrittsgeld von 25 Franken bezahlt, davon werden mindestens 20 Franken an die Künstler ausgeschüttet. Daneben sammelt der Verein Pro Kultur Olten Informationen, um herauszufinden, wie stark die Oltner Kulturlandschaft von der aktuellen Situation betroffen ist. Auch wenn die momentane Zeit beängstigend und belastend sei, gegen das nun in etwas ruhigeren Bahnen stattfindende Leben hat Spiess nichts einzuwenden. «Durch diese Erfahrung werden sich vielleicht auch in der Zukunft ein paar Dinge ändern», wirft er einen Blick auf die Umwelt und fügt mit Nachdruck an: «Müssen sich ein paar Dinge ändern.»

Kontakt für Gruppen-Chat:
Rainer von Arx, E rainer.vonarx@kunstprojekte.ch

Aktion: Eventfrog «Jedes Ticket zählt»
www.eventfrog.ch

Künstler-Plattform: Sofakultur
www.sofakultur.ch

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