Wie geht grün eigentlich?

Ringvorlesung FHNW Sich umweltfreundlich zu verhalten, ist nicht einfach. Warum das so ist und wie man es trotzdem hinkriegt, das erklärt die Vorlesung «It’s not easy being green», die sich über das Internet mitverfolgen lässt.

Dr. Vivianne Visschers (Bild) wird am Dienstag, 14. April zusammen mit Dr. Simone Griesser in einer Online-Vorlesung der Fachhochschule Nordwestschweiz aufzeigen, warum es nicht einfach ist, sich umweltfreundlich zu verhalten. (Bild: ZVG)
Dr. Vivianne Visschers (Bild) wird am Dienstag, 14. April zusammen mit Dr. Simone Griesser in einer Online-Vorlesung der Fachhochschule Nordwestschweiz aufzeigen, warum es nicht einfach ist, sich umweltfreundlich zu verhalten. (Bild: ZVG)

Für die Umwelt könne die Coronakrise eine Chance sein, sagt Dr. Vivianne Visschers. «Geschäftsreisen werden zum Beispiel durch Videokonferenzen ersetzt.» Die 41-jährige Sozialpsychologin erforscht seit über fünfzehn Jahren, wie stark Menschen bereit sind, ihr Verhalten zu ändern, wenn zum Beispiel Antibiotikaresistenzen, Nuklearkatastrophen oder eben der Klimawandel sie bedrohen. Seit dreieinhalb Jahren arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für angewandte Psychologie der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW in Olten. «Weil die Welt im Moment stillsteht, hat die Umweltbelastung erheblich abgenommen», stellt Visschers fest. Dass dank dem Internet vieles in anderer Form eben doch möglich ist, machen Visschers und ihre Arbeitgeberin vor: Die FHNW führt die Ringvorlesungen, eine jährliche, öffentliche Vorlesungsreihe, trotz Versammlungsverbot weiter, neu allerdings online. Dieses Jahr trägt die Reihe den Titel «No Future? Blicke auf den Klimawandel». Visschers Vorlesung ist mit «It’s not easy being green» überschrieben, «es ist nicht einfach, grün zu sein». Zusammen mit Dr. Simone Griesser zeigt sie darin auf, wie Wahrnehmung und Verhalten von Konsumenten von drohenden Umweltproblemen beeinflusst wird. Griesser und Visschers sind am Institut für Marktangebote und Konsumentenentscheidungen in Forschung und Lehre tätig.

Wissen, Werte und Entfernung

«Zu Beginn steht die Frage, wie sich Menschen zu ökologischen Entscheidungen bewegen lassen», erklärt Visschers. Das Licht auszumachen, das nicht gebraucht wird, den Wasserhahn nicht unnötig laufen zu lassen, kurze Strecken mit dem Fahrrad anstatt dem Auto zu bewältigen oder mal einige Tage auf Fleisch zu verzichten: Das alles sind Entscheidungen, die einen Einfluss auf die Umwelt haben. «Diese Entscheidungen werden hauptsächlich von drei Dingen beeinflusst: Wissen, Werten und Entfernung», stellt Visschers fest. Wer weiss, wie das eigene Verhalten die Umwelt beeinflusst, ist auch eher bereit, sich umweltfreundlicher zu verhalten. «Vorausgesetzt, die Person weiss auch, wie sie sich überhaupt umweltfreundlicher verhalten kann», erklärt Visschers jene Art von Wissen, die im Fachjargon als Aktionswissen bezeichnet wird. Mit Aufklärung alleine lässt sich das Verhalten aber nicht verändern. Die eigene Wertehaltung bestimmt mit, wie umweltfreundlich sich Menschen benehmen. Wer Andere vor das eigene Wohl stellt, ist auch eher bereit, für die Umwelt zurückzustehen. Egoisten hingegen nehmen auch auf die Natur keine Rücksicht. Zuletzt spielt auch die Entfernung eine grosse Rolle: «Damit ist sowohl eine örtliche wie eine gesellschaftliche Entfernung gemeint», erklärt Visschers. Erdrutsche, die in den Schweizer Bergen ganze Dörfer unter sich begraben, bewegen die Menschen in der Schweiz mehr, als eine Überschwemmung im Pazifik. Und das, obwohl Erdrutsche und Hochwasser schlussendlich von den gleichen menschlichen Entscheidungen beeinflusst werden. Ebenso wirkt sich die gesellschaftliche Entfernung auf das Verhalten der Menschen aus. «Menschen, deren Familie, Freunde und Bekannte sich um die Umwelt kümmern, sind eher bereit, das auch zu tun», erklärt Visschers.

Gut informiert und persönlich bewegt

«Wertehaltungen zu verändern, ist extrem schwierig», weiss Visschers. Zu sehr seien diese schon von Kindesbeinen an geprägt. Damit bleiben noch das Wissen und die Entfernung. Um Menschen dazu zu bewegen, sich umweltfreundlicher zu verhalten, müssen sie also besser informiert oder die Folgen ihres Handelns näher an sie herangerückt werden. «Das lässt sich zum Beispiel mit Geschichten von persönlichen Schicksalen erreichen», erklärt Visschers. Wenn jemand erzählt, wie ein Erdrutsch auf ihn zugedonnert kam, dann hinterlässt das einen bleibenden Eindruck. «Eine andere Möglichkeit ist das sogenannte Nudging, Englisch für Anstossen». Ein Beispiel: In einer Kantine wird das umweltverträglichste Menu besser sichtbar und schöner präsentiert, als die restlichen. Kundinnen werden also dazu angestossen, sich umweltverträglich zu entscheiden. «Das funktioniert ganz gut, allerdings ist noch unklar, ob die Wirkung auch längerfristig anhält», berichtet Visschers vom aktuellen Forschungsstand.

«Jeder Einzelne ist gefordert»

Einen guten Überblick über genau diesen aktuellen Forschungsstand wollen Visschers und Griesser mit «It’s not easy being green» bieten. Dieses Wissen kommt nicht nur den Studierenden zu Gute. «Der Klimawandel ist ein grosses Problem, das jeden Einzelnen erfordert, um es zu lösen», erklärt Visschers. Konsumentinnen könnten über ihr Verhalten mitbestimmen, wo, wie und was produziert wird. «Entsprechend wichtig ist es, zu verstehen, wie Konsumverhalten funktioniert.» Schliessslich liesse sich dieses auch schnell verändern, «viel schneller, als Vorgaben von der Politik.» Das zeigt die Bewegung der Klimajugend, die in kurzer Zeit für Umweltprobleme Sympathien wecken und ein Bewusstsein schaffen konnte. «Familien, deren Kinder der Bewegung angehören, verhalten sich umweltfreundlicher», weiss Visschers. Die Bewegung stimme sie zuversichtlich, schliesslich seien die Jugendlichen von heute die Entscheidungsträger von morgen. Ihre Forschung betreibt sie einerseits aus fachlichem Interesse: «Menschliches Verhalten finde ich unglaublich spannend.» Aber nicht nur: «Ich möchte auch dazu beitragen, unsere Umweltprobleme zu lösen.»<b/>

«It’s not easy being green»
Vorlesung von Dr. Vivianne Visschers und Dr. Simone Griesser
Dienstag, 14. April, 17.15 bis 18.45 Uhr
Online über Webex unter: www.fhnw.ch/de/die-fhnw/veranstaltungen

 

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