Der Anfang von etwas Neuem
Lisa Christ wagt nächste Woche nicht nur den Sprung auf die Kabarett-Bühne, sondern präsentiert auch ihr erstes Buch in der Oltner Schützi. Ein Jahr voller neuer Erfahr- ungen für die 27-jährige Oltnerin.
Nebst ihrem Masterabschluss in Vermittlung von Kunst und Design konnte sich die mittlerweile selbstständige Slam-Poetin Lisa Christ im letzten Jahr auch über das Atelierstipendium 2018 in Sierre (VS) vom Schloss Waldegg und Château Mercier freuen. So machte sich die gebürtige Wisnerin am 3. Januar auf, um den dreimonatigen Aufenthalt in der Walliser Künstlerresidenz Ruffieux anzutreten. Gesetztes Ziel: Ein abend-füllendes Kabarett-Programm entwickeln. «Ich wollte mich in dieser Zeit ganz auf das Schreiben konzentrieren», erklärt Christ, die seit 2007 regelmässig an Poetry Slams im deutschsprachigen Raum teilnimmt.
«Ich brauche die Nähe zur Bühne»
Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. «Anfänglich konnte ich meinen Plan in Sierre noch einhalten, doch bald schon merkte ich, dass mir ein Ausgleich zum Schreiben fehlt», meint Christ. Ohne Auftritte und den üblichen Umgang mit ihren Mitmenschen sei es viel schwieriger gewesen, Ideen zu sammeln. «Zudem bemerkte ich, dass meine Sprache viel zu verkopft wurde.» Dies rührte auch daher, dass keine anderen deutschsprachigen Künstlerinnen und Künstler in der Residenz wohnten. Im französischsprachigen Sierre konnte Christ ihre gesprochene Sprache also nicht aktiv pflegen. «Dabei ist genau diese für das Entwickeln eines abendfüllenden Kabarett-Programms viel zentraler als das geschriebene Wort.» Nach kurzer Zeit suchte die Slam-Poetin wieder vermehrt die Nähe zur Spoken Word-Bühne, um sich Inspiration zu holen, und verbrachte immer weniger Zeit im Wallis. Dennoch sei sie froh um das Stipendium. «Schliesslich konnte ich vieles über mich und meine Arbeitsart erfahren. Nur im stillen Kämmerchen zu schreiben, ist definitiv nichts für mich. Zum Malen wäre die Residenz jedoch perfekt», so Christ.
Die Komik der Mittzwanziger
Ob in Sierre oder Olten - ein abendfüllendes Kabarett-Programm ist trotzdem entstanden. Erste Auszüge daraus wird Lisa Christ am kommenden Dienstag, 24. April während des 7. Oltner Kabarett-Castings zum ersten Mal auf der Bühne zeigen. Unter dem Titel «Die Zeit der magischen Unwahrscheinlichkeiten ist vorbei» nimmt sich die 27-Jährige dem Leben als Ende-Mittzwanzigerin an und erzählt, wie sich die Sichtweisen seit den Kinder- und Jugendjahren verändert haben. «Dieser Lebensabschnitt birgt viel Komik in sich. Plötzlich entstehen Verhaltensmuster, die man selbst nie für möglich gehalten hätte.»
«Der Leistungsdruck ist da»
Obwohl Lisa Christ bereits bei etlichen Events auf der Bühne stand, sei ein abendfüllendes Programm eine neue Herausforderung für sie. «Beim Poetry Slam trage ich einen auswendig gelernten Text auf hochdeutsch vor, viel Spielraum für Improvisation bleibt da nicht. Bei meinem Kabarett-Programm hingegen werde und möchte ich viel freier erzählen.» Was sie dabei mit dem Publikum teilen will, sei zwar grösstenteils klar, nur beim «Wie» zeigt sie sich hin und her gerissen. «Ich bin noch unschlüssig, ob ich alles in Mundart oder eine Mischform mit hochdeutschen Elementen machen soll», lässt Lisa Christ in ihren Denkprozess blicken und fügt an: «Momentan hinterfrage ich alles und bin sehr skeptisch.» Schliesslich gehe es beim Casting um etwas. «Es haben schon so viele tolle Leute diesen Wettbewerb gewonnen. Natürlich möchte ich mich zu ihnen gesellen.» Ausserdem steige der Leistungsdruck, weil das Ganze in ihrer Wahlheimat Olten stattfindet. Ob erfolgreich oder nicht - so oder so stelle das Casting den Anfang von etwas Neuem dar.
Slam-Texte zum nach Hause nehmen
Der Kabarett-Auftritt bleibt jedoch nicht der einzige kleine Meilenstein, der für die Slam-Poetin in der kommenden Woche ansteht. Tagsdrauf, am Donnerstag, 25. April, präsentiert sie im Rahmen der «Knapp Live»-Reihe ihr erstes Buch «Im wilden Fruchtfleisch der Orange». «Darin sind auserlesene Texte meiner bisherigen elf Slam-Jahre zu finden.» Ältere Werke wie ihr Siegertext der U20-Schweizermeisterschaft 2011 reihen sich auf zirka 130 Seiten an neuere Geschichten über die Generation 25+ und werden von Illustrationen der Künstlerin Antonia Vögeli begleitet. «Ich wurde oft gefragt, ob es meine Texte zum Nachlesen gibt. Nun kann man sie mit nach Hause nehmen», freut sich Christ und fügt lächelnd an: «Generell ist es ein tolles Gefühl, sein eigenes Buch zu haben. Richtig realisieren werde ich es aber erst, wenn ich das Exemplar in meinen Händen halte.» Unterstützt wird Lisa Christ bei ihrer Buchvernissage von den befreundeten Spoken Word-Künstlern Dominik Muheim, Lara Stoll und Ruedi Stuber.
Kabarett-Casting Olten
Schwager Theater, Di, 24. April, 20 Uhr
«Knapp Live»: Buchvernissage
Schützi Olten, Mi, 25. April, 20 Uhr
<link http: www.lisachrist.ch>www.lisachrist.ch
