«Habe auf der Miesern recht staunen müssen über das schöne Skigelände»

Briefgeschichten Der Sennhof und Berggasthof zur «Miesern» ob Trimbach war weit herum bekannt. Er lag inmitten eines beliebten Wander- und Skigebiets, und die Wirtin brachte grosszügige Restbrote auf den Tisch. Je nach Saison servierte sie auch Güggeli oder Speck, Rippli und Würste direkt vom Hof, zudem als Spezialität frische Spargel à discrétion.

Die Wirtin Anna Hofer-Gfeller lud jeweils die Frauen zum «Spinnet» auf die Miesern ein, so auch 1949. (Bild: ZVG Verena Spielmann, Trimbach)

Die Wirtin Anna Hofer-Gfeller lud jeweils die Frauen zum «Spinnet» auf die Miesern ein, so auch 1949. (Bild: ZVG Verena Spielmann, Trimbach)

Blick auf die ganze Geländekammer der Miesern. (Bild: ZVG Martin Studer, Olten)

Blick auf die ganze Geländekammer der Miesern. (Bild: ZVG Martin Studer, Olten)

Gute Schneeverhältnisse bedeuteten Hochbetrieb im Restaurant Miesern, schrieb Margrith Hofer, die Tochter der Wirtin, in einem Brief von 1943. (Bild: ZVG Verena Spielmann, Trimbach)

Gute Schneeverhältnisse bedeuteten Hochbetrieb im Restaurant Miesern, schrieb Margrith Hofer, die Tochter der Wirtin, in einem Brief von 1943. (Bild: ZVG Verena Spielmann, Trimbach)

Die grosse Familie von Ernst und Anna Hofer-Gfeller mit den drei Töchtern und den fünf Söhnen, um 1935. (Bild: ZVG Verena Spielmann, Trimbach)

Die grosse Familie von Ernst und Anna Hofer-Gfeller mit den drei Töchtern und den fünf Söhnen, um 1935. (Bild: ZVG Verena Spielmann, Trimbach)

Die zweite Miesern-Wirtin Hedi Hofer stand nur kurz unter der Tür zwischen Küche und Gaststube. (Bild: ZVG Ruth Bühler-Hofer, Trimbach)

Die zweite Miesern-Wirtin Hedi Hofer stand nur kurz unter der Tür zwischen Küche und Gaststube. (Bild: ZVG Ruth Bühler-Hofer, Trimbach)

Vreni Lüthi mit ihrer Mutter Margrith Lüthi-Hofer beim Skifahren in der Miesern. Die Aufnahme datiert zirka aus dem Jahr 1953. (Bild: ZVG Verena Spielmann, Trimbach)

Vreni Lüthi mit ihrer Mutter Margrith Lüthi-Hofer beim Skifahren in der Miesern. Die Aufnahme datiert zirka aus dem Jahr 1953. (Bild: ZVG Verena Spielmann, Trimbach)

Der Bauernhof in der «Miesern» ob Trimbach diente schon Mitte des 19. Jahrhunderts als Restaurant und bot Molkenkuren an. Mit der Zeit scheint der Betrieb etwas heruntergekommen zu sein, erst als ihn die Familie Ernst und Anna Hofer-Gfeller im Winter 1923/24 übernahm, brachte sie ihn auf die Höhe. Ernst Hofer war für den Bauernhof zuständig und züchtete Kühe sowie Schweine, Ziegen, Kaninchen und Hühner. Anna Hofer-Gfeller führte das Bergrestaurant: eine typische Berner Bauersfrau und Wirtin von Gotthelf‘schem Zuschnitt. Sie pflegte die Bauernbrote und Züpfen selber zu backen und konnte sie mit Fleischscheiben vom eigenen Hof grosszügig belegen – kein Wunder, waren ihre Restbrote von den Jurawanderern und einkehrenden Vereinen sehr geschätzt.

Dasselbe galt für die herbstlichen Metzgeten, bei denen die Beilagen wie das Fleisch aus dem eigenen Betrieb stammten. Unvergesslich blieben auch die jährlichen «Spinneten». Wirtin Anna Hofer, die sich in verschiedenen Dorfvereinen und im Vorstand des Landfrauenvereins engagierte, lud die Frauen aus Trimbach und der ganzen Umgebung zum gemeinsamen Stricken, Plaudern und Singen auf die Miesern ein.

Das Wirtepaar hatte sich im «Bären» zu Biglen kennengelernt, wo Ernst Hofer (Jahrgang 1877) als Stallknecht und die acht Jahre jüngere Anna Gfeller in der Küche arbeiteten. Sie heirateten im Jahre 1908 und bewirtschafteten vorerst ein kleines Bauerngut im Emmental. Im Herbst 1923 ergab sich die Gelegenheit, die Miesern zu übernehmen, wo sich die bäuerlichen und die im Bigler «Bären» erworbenen gastwirtschaftlichen Fähigkeiten kombinieren liessen. Anna und Ernst Hofer hatten acht Kinder, fünf Söhne und drei Töchter. Fritz, der älteste Sohn, lernte Käser und arbeitete als Milchführer in der Molkerei Olten. Der Zweitgeborene, Hans, bewirtschaftete den oberhalb der Miesern gelegenen Hof Schürmatt.

Erst der dritte Sohn dann, der 1920 geborene Ernst Hofer junior, blieb auf dem Hof. Im März 1952 heiratete er die sechs Jahre jüngere Hedwig «Hedi» Hofer von Steckholz bei Langenthal. Hedi Hofer-Hofer übernahm nun nach der Heirat auch den Berggasthof und führte die Miesern in der Tradition ihrer Schwiegermutter Anna Hofer-Gfeller weiter, während ihr Mann Ernst den Bauernhof bewirtschaftete. Die bisherige währschafte Küche mit grossen «Iigklemmten» und Metzgeten erweiterte sie um das Spargelessen im Frühjahr, das Gäste aus der weiteren Umgebung anlockte. 1986 gab die Familie Hofer das Wirten auf der Miesern auf, und damit endete auch der Gastrobetrieb.

SBB mit eigener Wintersporthaltestelle

Von 1946 bis 1975 betrieben die SBB die Wintersporthaltestelle «Miesern» beim heutigen Golfplatz. Doch schon vorher war der eher schattige, nach Nordosten gerichtete Hang recht schneesicher und bei den Skifahrern der Region sehr beliebt gewesen. So schrieb Anfang 1943 der Bahn-Angestellte Ernst Lüthi der Miesern-Tochter Margrith Hofer in einem Brief: «Wir haben hier in Konolfingen fast kein Schnee, auf der Sonnenseite ist sogar alles verschwunden. Das passt für uns Eisenbahner recht gut, aber für Skifahrer nicht. Habe letzten Samstag auf der Miesern recht staunen müssen über das schöne Skigelände. Es gibt wirklich nicht nur im Emmenthal schöne Skigelände, sondern auch [an] andern Orten. Hoffe, dass wir zwei auch einmal die Ski anschnallen können und gemeinsam das schöne Skifeld befahren».

Da bahnte sich tatsächlich eine Beziehung an. Die sechsundzwanzigjährige «Gritli» Hofer half, wie die anderen Töchter der Wirtin Anna Hofer, in der Küche und im Service der «Miesern» mit. Die guten Schneeverhältnisse brachten natürlich eine hohe Auslastung im Bergrestaurant mit sich. Gritli schildert es im Januar 1943 in einem Brief an ihren Ernst so: «Hier will es gar nicht mit schneien aufhören. Die Miesern ist nun in schönster Winterlandschaft. Das passt unsern Skifahrern natürlich sehr gut, [wir] haben nun jeden Tag Hochbetrieb. Wenn es nicht Tauwetter gibt bis am Sonntag, wird es der grösste verrückteste Skisonntag geben, den wir je auf der Miesern erlebt haben. Es wäre alles nicht so schlimm, wenn man nicht fast verrückt wird wegen den blöden Mahlzeitencoupons. Schon an gewöhnlichen Wochentagen braucht es viel Geduld mit den Gästen wegen diesen Rationierungsmarken».

Skigelände mit Musik

Walter Hofer, Jahrgang 1925, war der Zweitjüngste. Er war Briefträger in Olten. Mit ihm kamen moderne Zeiten in die «Miesern». Er stellte eine Jukebox in die Gaststube, die er stets mit den neuesten Schlagern bestückte. Dabei schrieb er die Titel der Schallplatten immer mit Schönschrift auf das Namenfeld neben den Wähltasten. In der Wintersaison zog er vom Restaurant her ein Kabel und installierte eine grosse Musiklautsprecherbox neben der Skipiste. Wenn Betrieb war, liess er Musik laufen, alle die damaligen Schlager von Peter Alexander, Hazy Osterwald Sextett, Conny Froboess oder Freddy Quinn.

Nicht genug: Walter Hofer richtete im Hang rechts oberhalb des Bahnübergangs einen Schlepplift ein. Am Abend beleuchtete er ihn und ermöglichte das Nachtskifahren. Walter Hofer war übrigens mit andern Pöstler-Kollegen auch Mit-Initiant des Skilifts im Gsahl bei Hauenstein-Ifenthal.

Der Skiclub Miesern veranstaltete jeweils auch Skirennen. Das Säli des Restaurants «Miesern» diente als Serviceraum, wo die Cracks ihre Skier wachsen konnten. Und in der Scheune lagerte der Skiclub die Slalomstangen und den Hornschlitten zum Transport von allfällig Verletzten zum Bahnübergang hinunter.

Anno 1986 – Hedi Hofer war inzwischen sechzig – wären Investitionen nötig geworden. Beispielsweise spülten die Serviertöchter die Gläser damals in einer Wassergelte direkt in der Gaststube. Eine Nachfolge war auch nicht in Sicht. So gab Hedi Hofer das Wirten schliesslich auf. Damit endete diese Ära auf der «Miesern».

 

Quellen: Laube, Thomas, Trimbach 1998; Ramseier, Urs; Trimbach 2018.

Der Autor dankt Verena Spielmann-Lüthi, Trimbach, für die freundlichen Auskünfte.

Weitere Artikel zu «Im Fokus», die sie interessieren könnten

Im Fokus28.02.2024

Wirz-Burri – Kolonialwaren und Delikatessen am Bifangplatz

Briefgeschichten Am Bifangplatz befand sich vor rund hundert Jahren an prominenter Lage der Laden zum «Bifanghof» von Paul Wirz-Burri. Die…
Im Fokus28.02.2024

«Unsere Lieder sind Medizin für unsere Herzen»

Olten Der Gedenkanlass «Zwei Jahre Krieg in der Ukraine» in der Stadtkirche wurde von weit über 200 Personen besucht.
Im Fokus28.02.2024

Gefrässig und vermehrungsfreudig

Asiatische Hornisse Die Verbreitung der Asiatischen Hornisse bedroht einheimische Bienenvölker. Die Bevölkerung ist dazu aufgerufen, Sichtungen zu…