Präsidialjahr unter Spardruck

Das Präsidialjahr ist fast - vorbei. Die Amtszeit erlebte Dieter Ulrich intensiv, aber durchwegs positiv, trotz der misslichen Finanzlage der Stadt. Doch die Art und - Weise wie in Olten politisiert wird, findet der Finanzchef nicht nur gut.

Der Parlamentspräsident, Dieter Ulrich, sieht der Zukunft nicht übermässig positiv, aber zuversichtlich entgegen. jpi)
Der Parlamentspräsident, Dieter Ulrich, sieht der Zukunft nicht übermässig positiv, aber zuversichtlich entgegen. jpi)

Dieter Ulrich besetzte für ein Jahr das Amt des Parlamentspräsidenten. Er leitete jeweils die Sitzungen der 50 Parlamentarier und war verantwortlich, dass die Geschäfte ordnungsgemäss behandelt wurden.

Eigentlich wäre Thomas Marbet an der Reihe gewesen, doch als dieser in den Stadtrat gewählt wurde, rückte Ulrich nach. Der 37-jährige SP-Politiker hatte nicht lange Zeit, um sich auf sein Amt vorzubereiten: «Ich wurde sozusagen ins kalte Wasser gestossen.» Das Präsidialjahr erlebte Ulrich rückblickend als «überraschend positiv». Er habe kaum eine Aufgabe als lästige Pflicht wahrgenommen.

Um 20 Millionen verschätzt?

Neben der Leitungsfunktion sind die repräsentativen Aufgaben ein wichtiger Teil des Amtes. «Mein Ziel war, wenn möglich, alle Einladungen wahrzunehmen», erzählt Ulrich. Dies hat er auch getan. Ulrich besuchte durchschnittlich einen Anlass pro Woche und sagte auch mal einen privaten Anlass dafür ab. Den Kontakt mit den Leuten habe er sehr geschätzt. Er traf viele Direktbetroffenen der Budgetkürzung. Die fehlenden 20 Millionen beschäftigen die ganze Stadt. In seinem Amt waren die Finanzen ein Dauerthema. Die Diskussionen seien jeweils aufschlussreich gewesen.

Wie es dazu kommen konnte, ist für den Leiter Finanzen der Schweizerischen Exportrisikoversicherung ein grosses Rätsel. Man musste keinExperte sein, um 2011 bei der Budgetplanung zu erkennen, dass Steuereinnahmen wegfallen würden. «Ich bin sehr gespannt auf den Untersuchungsbericht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK), der diese Angelegenheit prüft», sagt Ulrich. Die Leutehaben, so der Politiker, das Recht zu erfahren, wieso das der Wind von heute auf morgen gedreht hat.

Doch jetzt gehe es darum, Einsparungen zu machen, ohne dass dafür Vereine und Institutionen in ihrer Existenz bedroht werden, so Ulrich. Der Umgang im Parlament ist respektvoll. Die Politiker vertreten ihre Standpunkte klar, kämpfen aber nicht mit härteren Bandagen als vorher. Im Gegenteil: «Die ernste Lage ist allen bewusst. Vielleicht wird deshalb auch auf einige politische Spielereienverzichtet», vermutet der Parlamentspräsident. Es könnte auch mit dem Personenwechsel zusammenhängen, ergänzt er. Seine längste Sitzung dauerte sechs Stunden. Traktandum: Budget. Dies war die intensivste Sitzung, die Ulrich jemals leitete. «Ich war zudem erkältet, dies machte die Situation nicht einfacher.» Ob er dem Platz in der vordersten Reihe nachtraure? «Nein, ich bin froh, wieder mehr Freizeit zu haben», so Ulrichlächelnd. Zudem dürfe der Präsident keine Stellungsnahmen zum Thema abgeben. Dies habe er ab und anvermisst. Wahrscheinlich werde er zukünftig mehr spontane Wortmeldungen wahrnehmen - einfach weil er es nun noch mehr schätze, seine Meinung kundgeben zu dürfen.

«Der grosse Schlagabtausch findet im Herbst statt»

In den Reihen des Rates sei es grundsätzlich bequemer: «Vorne zieht es. Die erste Sitzung verbrachte ich frierend, danach nahm ich jeweilseinen Pulli mit», erzählt Ulrich lachend. Das Jahr wird ihm in schönster Erinnerung bleiben. Der Vollblutpolitiker konnte wertvolle Erfahrungen sammeln und lernte viele Leute und Parlamentarier näher kennen. Auch in punkto Sitzungsleitung profitierte er. Dass er die nächste Budgetsitzung im Herbst nicht leiten wird, stimmt ihn nicht traurig: «Dort wird der grosse Schlagabtausch stattfinden».

Die Dreifachbelastung Politik, Freizeit und Beruf unter einen Hut zu bringen, habe er sowieso, ob als Präsident oder als Ratsmitglied. Klar wäre das Jahr schöner gewesen, wenn die Finanzen rosig statt dunkelrot gewesen wären. Die Stimmung ist getrübt und die Leute werden wütend. «Dies liegt unter anderem auch an der passiven Öffentlichkeitsarbeit des Stadtrates», ist Ulrich überzeugt. Er zweifle nicht an dessen Arbeit- er habe grossen Respekt vor dessen schwierigen Aufgabe - aber man könne doch die Bevölkerung und Betroffenen nicht einfach mit vollendeten Tatsachen konfrontieren. Zuerst muss diskutiert und nach Lösungen gesucht werden, bevor entschieden wird. Danach sollte begründet werden, wieso man wie entschieden hat. Andernfalls können weder die Leute noch die Medien Entscheide nachvollziehen.

Dafür sei es schön zu sehen, dass die sich die Bevölkerung für die Stadt engagiert und zusammenhält. Solange die Betroffenen zusammenspannen und sich nicht gegenseitigblockieren, sehe er der Zukunft, nicht übermässig positiv, aber zuversichtlich entgegen. «Ein gesunder Finanzhaushalt ist zudem nicht alles. Eingutes Kultur-, Gewerbe- und Gastronomieangebot ist ebenfalls zentral.» Und da hat Olten einiges zu bieten.

Weitere Artikel zu «Stadt», die sie interessieren könnten

Stadt28.02.2024

«Heute sind sie hibbeliger»

Rosmarie Grünig Seit 45 Jahren unterrichtet sie Ballett, seit mehr als 40 Jahren im Dance Studio Olten. Anfang Mai findet aus diesem Anlass in…
Stadt21.02.2024

Kunst, nicht Kinderhort

Theaterstück Mitte März gelangt im Theaterstudio Olten ein Tanz- und Musiktheater zur Aufführung. Das Besondere daran: Protagonisten sind bei «Alice…
Stadtrat beantragt parlamentarische Kommission
Stadt21.02.2024

Stadtrat beantragt parlamentarische Kommission

Im Januar hat das Gemeindeparlament der Stadt Olten die neue Vorlage zum Projektierungskredit Kirchgasse 8 und 10 knapp zurückgewiesen; diese sah eine Sanierung…