Einkaufswüste oder -paradies?

Wirtschaftsförderung Region Olten - Ein Gespräch mit Urs Blaser, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region - Olten, über die Aufgabe der Wirtschaftsförderung, die Gewerbesituation in der Stadt Olten und Möglichkeiten in Zeiten der Sparmassnahmen.

Urs Blaser, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Olten, ist der Meinung, dass zukünftig der Fokus mehr auf die Eigentümer von Liegenschaften gelegt werden muss, um Leerflächen zu verhindern. mim)
Urs Blaser, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Olten, ist der Meinung, dass zukünftig der Fokus mehr auf die Eigentümer von Liegenschaften gelegt werden muss, um Leerflächen zu verhindern. mim)

Das Gewerbe der StadtOlten kränkelt, Geschäfte öffnen und schliessen nach einem Jahr wieder und das eine oder andere Ladenlokal und gewisse Standorte stehen leer.Sicherlich nicht hilfreich sind die, infolge der Sparmassnahmen erhöhten Parkplatzgebühren und auch eine allfällige Steuererhöhung dürfte Olten für Auswärtige nicht attraktiver machen. Grund genug um mit Urs Blaser, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Olten über die Möglichkeiten der Wirtschaftsförderung und das Potenzial der Stadt Olten zu sprechen.

 

Herr Blaser, was sind die Haupttätigkeiten der Wirtschaftsförderung?

Die Wirtschaftsförderung Region Olten ist ein Verein, der sich aus einer Trägerschaft bestehend aus der kantonalen Wirtschaftsförderung, der Stadt Olten, dem Industrie- und Handelsverein Olten und Umgebung und dem Regionalverein Olten-Gösgen-Gäu OGG zusammensetzt. Unser Marktgebiet umfasst das urbane Gebiet der Zentrumsstadt Olten, aber auch die Agglomerationsgebiete von Oensingen bis Schönenwerd. Zusammen mit unseren Partnern sorgen wir in diesen Gebieten für die Entwicklung des Wirtschaftsraumes. Dabei unterstützen wir etablierte Unternehmungen jeglicher Grösse und sind auch Ansprechpartner bei Firmengründungen. Zudem kümmern wir uns um Neuansiedlungen von Unternehmen. Wir warten jedoch nicht bis sich Unternehmen an uns wenden, sondern entwerfen massgeschneiderte Dossiers, um eine Firma aktiv von der Region Olten zu überzeugen.

 

Insbesondere in Zeiten des Spardrucks sorgen Neuansiedlungen wie die der Unternehmung SBB, welche keine oder sehr reduziert Steuern zahlen, für rote Köpfe. Neue Arbeitsstellen sind schön und positiv, aber Steuererträge sind im Moment ebenfalls sehr wichtig für die Stadt Olten.

Bei Neuansiedelungen steht der Steuerfaktor nicht an oberster Stelle. Der Arbeitsmarktzugang und das Einzugsgebiet sind ebenso wichtig: ein Einzugsgebiet über 1,5 Mio. ist ein wichtiger Aspekt. Die Betriebskosten sind somit wichtiger als der Steuerfranken, obwohl dieser sicher auch wichtig ist. Aber wir operieren und argumentieren ganz klar nicht mit dem Steuerfranken! Wir möchten Arbeitsplätze aufbauen, durch welche wiederum die Nachfrage nach Wohnraum gefördert wird und die für die Wertschöpfung (Konsumation, Infrastruktur, Öffentlicher Verkehr etc.) eine wichtige Rolle spielen. Es muss das Ziel sein den Arbeitsplatz zu stärken, was wiederum förderlich ist für die Innenstadtentwicklung. Die SBB ist anders strukturiert und profitiert im Moment noch von alten Begebenheiten, jedoch sind politische Bestrebungen im Gange, welche verlangen, dass alle Unternehmen den ortsüblichen Steuersatz bezahlen. Aber nochmals: Wir möchten nicht mit Argumenten der Steuervergünstigung Schlagzeile machen.

 

Wie betreiben Sie Wirtschaftsförderung?

Es ist sehr wichtig, sich nicht entwickeln zu lassen. Es ist daher nicht die Frage nach der Entwicklung, sondern nach dem bestmöglichen Konzept, um den Standort über die Nutzung zu entwickeln. Nehmen wir als Beispiel die SBB, an welcher wir sieben Jahre gearbeitet haben und welche ihre Betriebszentrale im Areal Bahnhof Nord erstellt hat. Dort werden weitere zwei Gebäude errichtet. Es reicht jedoch nicht zu sagen, dass nun viele Büroräume vorhanden sind, welche von irgendwelchen Firmen bezogen werden können. Es sind konzeptionelle Entwicklungen nötig und es gilt, Kompetenzen aufzubauen. Denn an einem idealen Firmenstandort in unmittelbarer Nähe zu Kompetenzpartnern und zur Wissenschaft sind die unternehmerischen Erfolgsaussichten besonders gut. So zum Beispiel das geplante Medical Center Olten MCO. Damit soll eine hohe Dichte vonUnternehmen im Gesundheitswesen angesiedelt werden.

 

Ihr neustes Projekt ist das Gründungszentrum «swissbiolabs».Können Sie das Projekt kurzerklären?

Swissbiolabs ist ein Gründungszentrum im Bereich Biotechnologie mit einem umfassenden Angebot an Infrastruktur, Dienstleistungen, Beratung und einem unterstützenden Netzwerk, welches sich an Wissenschaftler richtet, die ein Unternehmen gegründet haben oder gründen wollen. Wir bieten fertige Laborräume zu 180 Franken pro m² und mit dem Investor-Circle den Zugang zu möglichen Investoren. Das Projekt befindet sich aktuell in einer intensiven Aufbauphase.

 

Firmengründungen werden teilweise mit dem Projekt «plug & start»begleitet? Wie steht es um diesesProjekt?

Bei «plug & start» erhalten neue Firmen die Büroinfrastruktur sowie Coaching während eines Jahres kostenlos zur Verfügung gestellt. Inzwischen haben 12 Unternehmen mit «plug & start» ihre ersten unternehmerischen Schritte getätigt, die teilweise nachher geblieben oder manchmal auch woanders hingezogen sind. Zurzeit befinden sich vier Unternehmen im Programm, dabei handelt es sich um unterschiedliche Betriebe. Ein Unternehmen exportiert Apparate und Gerätschaften nach Afrika, ein anderes hat sich auf IT-Fragen spezialisiert. Bei «plug & start» ist jedoch auch der vorgängige Support sehr wichtig. Manchmal stellen wir fest, dass eine Geschäftsidee noch zu wenig ausgereift ist oder es stellt sich heraus, dass sich die Person für die selbstständige Tätigkeit nicht eignet.

 

Letztes Jahr hat erstmals das Probewohnen in Olten und Umgebung stattgefunden. Ausserdem wurden jährlich die Oltner Wohntage durchgeführt. Besteht das Angebot weiterhin?

Wir werden im Bereich Wohnregion stark mit der SBB zusammenarbeiten, um den einen oder anderen der rund 1400 Mitarbeiter, welche nächstes Jahr mit der SBB Betriebszentrale nach Olten kommen, abholen und für den Wohnraum Region Olten begeistern zu können. Noch ist es dafürjedoch zu früh, aber wir haben inBasel einen fixen Schauraum erstellt, in welchem die Stadt und Region Olten als Wohnregion beworben wird. Zudem bin ich des Öfteren in Basel, um bei Mitarbeiter-Meetings die Angestellten entsprechend zu informieren. Es ist zudem vorgesehen, anfangs nächsten Jahres, ein Probewohnen für die SBB-Mitarbeiter zu organisieren. Wir werden unseren Fahrplan nach ihnen richten, um die Mitarbeiter möglichst positiv ansprechen zu können. Zu diesem Zeitpunkt werden aber zusätzlich auch andere Firmen angeschrieben.

 

Man nimmt die Wirtschaftsförderung in der Region Olten als innovativ und engagiert wahr. Was macht die Wirtschaftsförderung für diebereits in der Stadt ansässigenBetriebe?

In der Stadt Olten arbeiten wir miteinem Flächen-Managementkonzept, in welchem die Anzahl Geschäfte und auch die Ladenflächen erfasst sind. Olten verfügt zurzeit über zwei sogenannte Schlüsselzonen (Frequenzträger), welche sich im Bereich des Coop City und im Bereich des Einkaufszentrums Sälipark befinden. Wenn uns beispielsweise grössere Geschäfte für einen geeigneten Standort anfragen, empfehlen wir ihnen, sich im Bereich der Schlüsselzone niederzulassen. Aber auch bestehende Betriebe können sich informieren, welche Verkehrsflüsse bestehen und was wo geschieht. Wie in allen Städten gilt es, die Angebote zu konzentrieren und Schlüsselzonen zu bilden.

 

Wenn also ein bestehender Betrieb feststellt, dass er sich nicht mehr an einer gut frequentierten Lage befindet und bei Ihnen anfragt, was er tun könnte, raten Sie ihm umzuziehen oder sein Geschäft zu schliessen?

Ich kann ihm aufzeigen, wie sich seine Zone mittelfristig positionieren wird, und bringe Argumente vor. Ich rate ihm aber keinesfalls umzuziehen oder sein Geschäft zu schliessen, denn jeder Detailhändler ist ein Unternehmer und muss seine Bedürfnisse und die seines Metiers kennen, und allenfalls umdenken.

 

Das Gewerbe klagt über zunehmenden Kundenschwund, insbesondere aufgrund der umliegenden Einkaufszentren. Wie kann die Wirtschaftsförderung helfen?

Mit der Aussage betreffend Kundenschwund bin ich nicht einverstanden, denn ich kenne viele Unternehmungen in Olten, welche von einem sehr erfolgreichen Geschäftsgang berichten, wie ich beispielsweise kürzlich von Coop City Geschäftsführer Francis Rusca gehört habe. Es gilt zu beachten, dass neben den Einkaufszentren und dem städtischen Einkaufangebot insbesondere der teils aggressive Onlinehandel nicht zu unterschätzen ist. Wir haben in der Schweiz extrem viele Einkaufszentren und es entstehen laufend neue.Wobei die Besucherzahlen drastisch zurückgehen, weshalb die Shoppingcenter bald in einem schwierigen Umfeld dastehen werden. Olten steht dank der Zunahme der Arbeitsplätze und der attraktiven Entwicklungsgebiete an einem guten Ausgangspunkt. Die Geschäfte der Innenstadt sollten sich somit fokussieren und ihre Hausaufgaben aktiv bearbeiten.

 

Und wie sehen diese Hausaufgaben aus?

Jeder Unternehmer sollte an seinem Produkt arbeiten. Zudem sollte die Stadt mithilfe kleiner Details in die Raumqualität investieren und wir stehen den ansässigen Betrieben als Anlaufstelle und für Informationen zur Verfügung.

 

Auch die fehlende Einkaufsvielfalt wird in Olten bemängelt. In welcher Form kann die Wirtschaftsförderung Einfluss nehmen?

Wir können anhand des Flächen-Managementkonzepts aufzeigen, welche Angebote bereits bestehen, doch die Entscheidung, ob sich jemand mit seinem Geschäft an diesem Ort niederlässt, liegt nicht bei uns. Doch dabei muss ich anmerken, dass ich der Meinung bin, die Stadt Olten mit ihren 17’000 Einwohnern verfüge über ein breites Angebot. Um grosse Firmen/Detailhändler, wie beispielsweise H&M oder Zara anzusprechen, fehlen uns im Moment noch das Potenzial und die grossen Verkaufsflächen.

 

Wie viel Einfluss hat Ihrer Meinung nach die Parkplatz-Thematik und die angehobenen Parkplatzgebühren auf das Einkaufsverhalten?

Diese sind keine Schlüsselfaktoren aber psychologisch ist es tatsächlich nicht das richtige Signal für die Kunden. Bei der ganzen Diskussion auch im Bezug auf Leerflächen sollte jedoch beachtet werden, dass wir in Zukunft den Fokus mehr auf die Eigentümer der Liegenschaften legen möchten. Ihr Interesse muss geweckt werden, dass ihre Liegenschaft wieder Ertrag abwerfen kann. Erste Schritte wurden bereits mit dem von der Stadt lancierten Eigentümer-Forum geschaffen.

 

Und was ist, wenn ein Eigentümer nach ständig schlechten Erfahrungen mit seinen Mietern es Leid ist und seine Räumlichkeiten lieber leer als vermietet sieht?

Darauf haben wir keinen Einfluss, aber wir müssen ihm mittelfristig Lösungen aufzeigen können, die ertragswirksam sind. Dabei ist es wichtig, dass die Eigentümer auch offen sind für andere Nutzungsformen.

 

Auch die Wirtschaftsförderung erhält infolge der Sparmassnahmen weniger Geld von der Stadt Olten? Was bedeutet das für den Betrieb?

Wir wollen selbstverständlich ebenfalls unseren Sparbeitrag leisten, um die Finanzen wieder ins Lot zu bringen. Welche Folgen dies konkret auf den Betrieb haben wird, kann ich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Die Stadt Olten darf aufgrund derFinanzprobleme jedoch den Fokus auf die Entwicklung der Stadt nicht verlieren.

Herr Blaser, besten Dank für das Gespräch.

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