Der Oltner Nobelpreisträger hat morgen Geburtstag

Paul Hermann Müller Morgen Freitag, am 12. Januar 2024, jährt sich der Geburtstag des bis anhin einzigen Nobelpreisträgers mit Geburtsort Olten zum 125. Mal. Der Chemiker Paul Hermann Müller erhielt 1948 den Nobelpreis überreicht – allerdings nicht den für Chemie, sondern den für Medizin.

Der in Olten geborene Medizin-Nobelpreisträger Paul Hermann Müller 1952 im Labor der Firma Geigy in Basel. (Bild: Firmenarchiv Novartis AG)

Olten und Nobelpreis – kaum jemand dürfte diese beiden Begriffe miteinander assoziieren. Eine Verbindung aber gibt es durchaus. Wenngleich sie sich im vorliegenden Fall wohl auf wenige Tage beschränkt. Der spätere Nobelpreisträger Paul Hermann Müller erblickte am 12. Januar 1899 in Olten das Licht der Welt. Und zwar als Sohn eines Eisenbahners. War der Geburtsort Olten also vielleicht doch mehr als nur eine zufällige Laune des Schicksals? Vater Gottlieb, der von 1868 bis 1928 lebte, verdiente sein Geld jedenfalls als Sekretär der Schweizer Bundesbahnen. Seine Mutter Fanny – sie lebte von 1867 bis 1930 – stammte aus Tuttlingen in Württemberg und arbeitete als Krankenschwester.

Die Familie wohnte mit dem kleinen Sohn zuerst in Lenzburg, wo die Vatersfamilie seit Generationen zuhause war. Bald schon zogen Müllers nach Basel. Dort besuchte Paul Hermann Müller zuerst die Freie Evangelische Volksschule, später die Untere und die Obere Realschule. 1916 verliess der spätere Nobelpreisträger – wegen schlechter Noten! – die Obere Realschule. Während zweier Jahre arbeitete er als Laborant respektive Hilfschemiker, unter anderem bei Lonza.

Ab 1918 drückte er erneut die Schulbank und legte schliesslich 1919 die Maturitätsprüfung ab. Im selben Jahr nahm er an der Universität Basel ein Studium in Angriff: Chemie im Hauptfach, Physik und Botanik in den Nebenfächern. 1925 – er war inzwischen 26-jährig – promovierte er mit Summa cum laude über «Chemische und elektrochemische Oxydation des as.m-Xylidins und seines Mono- und Di-Methylderivats». Paul Hermann Müller heiratete 1927 in Allschwil seine aus Basel stammende Gattin Frieda «Friedel» Rüegsegger. Die damals 23-Jährige war wie seine Mutter Krankenschwester. Das Paar bekam zwei Söhne und eine Tochter.

Forschungsdurchbruch gelang 1939

Bereits seit Mai 1925 hatte Müller bei der J.R. Geigy AG in Basel eine Stelle als Forschungschemiker inne. Dabei beschäftigte er sich in einer ersten Phase mit pflanzlichen und synthetischen Farbstoffen, danach mit synthetischen Gerbstoffen. Als Geigy nach Textil- und Pflanzenschutzmitteln suchte, gelang Müller 1939 durch Kondensation von Chloral mit Chlorbenzol die Synthese des Dichlordiphenyltrichloräthans. Dieses war zwar in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts bereits erstmals synthetisiert worden. Müller erkannte jedoch als Erster die insektentötende Wirkung des hochwirksamen Kontaktgiftes DDT, das anderen Insektiziden weit überlegen war. Die Prüfmethoden, die Müller entwickelt hatte, bildeten für lange Jahre die wichtigste Grundlage für sämtliche Entwicklungen im Bereich der Insektizide.

Mitten im Zweiten Weltkrieg, 1942, kamen mit Gesarol und Neocid die ersten Präparate auf Grundlage von DDT auf den Markt. Durch sie liessen sich gleich mehrere Epidemien, bei denen Insekten die jeweilige Krankheit übertragen, zumindest eindämmen: Thypus, Cholera oder Fleckfieber zum Beispiel. Im Deutschen Reich wurde DDT auch in grossem Umfang gegen den Kartoffelkäfer eingesetzt, in Neapel 1943 sehr erfolgreich gegen eine Typhusepidemie. In den Folgejahren wurde DDT in tropischen Ländern vorerst auch erfolgreich bei der Bekämpfung von Malaria oder Schlafkrankheit sowie Viehseuchen verwendet. Dadurch konnten unzählige Leben gerettet werden. Später wurde jedoch festgestellt, dass sich DDT in den Organismen der Nahrungskette akkumuliert und so die Ökosysteme über lange Zeit stark belastet. Viele Vogel- und Fischarten wurden durch das Umweltgift so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie vom Aussterben bedroht waren. Seit 1990 wird DDT deshalb nur noch in wenigen Ländern produziert und als Insektizid verwendet, in Europa und den USA ist dessen Verwendung bereits seit Ende der 70er-Jahre verboten.

Bis zur Pensionierung bei Geigy

Als Müller 1948 in Stockholm «für die Entdeckung der starken Wirkung von DDT als Kontaktgift gegen mehrere Arthropoden (Gliederfüsser)» den Medizinnobelpreis erhielt, waren die negativen Folgen seiner Entdeckung noch nicht bekannt. Die prestigeträchtige Verleihung des Medizinnobelpreises wurde dem Chemiker Müller als erstem Nichtmediziner zuteil. Weitere Auszeichnungen folgten: 1949 wurde er zum Ehrenmitglied der Schweizer Naturforschenden Gesellschaft und weiterer wissenschaftlicher Gesellschaften ernannt. Die Universitäten von Buenos Aires (1954) und von Thessaloniki (1963) verliehen ihm zudem die Ehrendoktorwürde.

Der gebürtige Oltner blieb bis zu seiner Pensionierung 1961 in Diensten von Geigy; von 1946 an als stellvertretender Direktor der Forschungsabteilung, ab 1959 sogar als stellvertretender Direktor der gesamten Firma. Nach Antritt seines Ruhestandes forschte er bis zu seinem Tod in einem privaten Labor weiter.

Am 13. Oktober 1965 starb Paul Hermann Müller an seinem Wirkungsort Basel. Er wurde 66 Jahre alt.

 

Quellen: Wikipedia; Bickel, Marcel H.: «Müller, Paul Hermann» in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.11.2016; Holldorf, August W.: «Müller, Paul» in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 466-467 [Online-Version]; Altorfer, Richard: «1948: Paul Hermann Müller (Schweiz)» in Ars Medici Dossier VII | 2018.

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