Tragen für eine gute Beziehung

tragefrage.ch - Am Samstag, 25. Oktober organisiert der Verein - tragefrage.ch einen Kurs zum Thema «Tragen im Winter» im Begegnungs-zentrum Cultibo in Olten. Aber wieso benötigt es für das richtige Tragen von - Kindern einen Verein?

Zwei geübte Trageberater Marlen Anderhalden und Samuel Amoser mit seinem Sohn Maël auf dem Rücken. (mim)
Zwei geübte Trageberater Marlen Anderhalden und Samuel Amoser mit seinem Sohn Maël auf dem Rücken. (mim)

Das Tragen der Kinder mithilfe von Tüchern ist in vielen Kulturkreisen selbstverständlich. Auch in der Schweiz hat sich das Tragen in den letzten Jahren stark etabliert und die Nachfrage steigt stetig. «In den Köpfen unserer Grosseltern, in deren Zeiten der Kinderwagen Mode geworden ist, ist das Tragen noch immer gleichbedeutend mit dem Verwöhnen der Kinder», erklärt Vereinsmitbegründerin Marlen Anderhalden und betont weiter: «Das Tragen entspricht jedoch einem Grundbedürfnis der Kinder und kann also nicht als Verwöhnung verstanden werden.»

Wissens- und Erfahrungsaustausch

Esther Kamber bot zwei Jahre lang alleine Trageberatungen an. Da die Nachfrage ständig stieg, fragte sie Marlen Anderhalden an, ob sie sich nicht auch zur Trageberaterin ausbilden lassen möchte. So schlossen sich im November 2012 sechs Beraterinnen zu einem Team zusammen und gründeten den Verein tragefrage.ch mit Sitz in Niederbipp. In den letzten Jahren kamen ständig weitere Trageberaterinnen und auch zwei Trageberater hinzu, weshalb der Verein inzwischen 24 Mitglieder zählt, welche nun sowohl das Mittelland als auch die Zentralschweiz beraterisch abdecken können. «Als wir tragefrage.ch gründeten, gab es lediglich zwei Vereine in Zürich und Thun. Inzwischen hat das Angebot wie auch die Nachfrage stark zugenommen», erzählt Trageberaterin Marlen Anderhalden. Aber wieso der Verein? «Durch den Verein wird der Austausch von Wissen und Erfahrung möglich», zeigt Trageberater Samuel Amoser eine Seite der Vereinsfunktion auf. Zudem könne das Tragen durch einen Verein viel bekannter gemacht werden als durch eine Einzelperson. Ein Hauptgrund sei jedoch auch das stetig wachsende Angebot an Tragehilfen, erklärt Anderhalden. «Es macht keinen Sinn und ist nicht erschwinglich, wenn jede/r Berater/in über eine komplette Ausrüstung verfügt.» Dem Verein beitreten können nur Personen, die eine anerkannte Ausbildung zur Trageberaterin/zum Trageberater abgeschlossen haben.

Tragen stärkt die Beziehung

Marlen Anderhalden hat auch ihre ersten beiden Kinder getragen, kam jedoch erst mit ihrem Dritten in Kontakt mit der Trageszene. «Mir wurde bewusst, dass ich mit der richtigen Tragweise und entsprechendem Material viel länger tragen kann und es insgesamt viel bequemer ist», erklärt sie. Ausserdem stärke man durch regelmässiges Tragen die Muskulatur. «Wenn ich mein Kind trage, kann es ein gesundes Ur- und Selbstvertrauen aufbauen. Zudem stärkt das Tragen meine Beziehung zum Kind», so Anderhalden. Dies bestätigt auch Samuel Amoser, der für die Region Olten zuständig ist. «Für mich war immer klar, dass ich mein Kind tragen möchte. Diese Einheit von Kind und Eltern fand ich schön», erklärt Amoser. Das Tragen habe er von der Hebamme gelernt, doch ihm habe die Routine gefehlt. Ausserdem interessierten ihn die verschiedenen Möglichkeiten des Tragens. Durch eine Beratung bei Marlen Anderhalden lernte Amoser dazu. Der Verein war damals auf der Suche nach Beratern für die Region Olten, weshalb Anderhalden ihn ermunterte, ebenfalls die Ausbildung zum Trageberater zu absolvieren.

Angebots-Dschungel

«Säuglinge können vom ersten Tag an getragen werden», betont Anderhalden und Amoser ergänzt: «Durch das Tuch sind die Kinder so gut gestützt, dass sie auch beim Schlafen nicht zusammensacken.» «Durch die stetig wachsende Nachfrage hat sich auch das Angebot in den letzten Jahren stark entwickelt und ist zu einem regelrechten Dschungel, insbesondere für Laien, geworden», erklärt Anderhalden. Eine Beratung schützt somit auch vor Fehlkäufen, da das meiste Tragezubehör nur via Onlineshops erworben werden kann. Grundsätzlich empfehlen die Trageberater ein gewobenes Tuch, welches weniger flexibel ist als andere Macharten. Die Grösse des Tuches ist abhängig von der Grösse des Kindes, aber auch von der Bindeweise. «Im Winter bindet man sich das Tuch vielleicht mehrmals um», fügt Anderhalden an. Grundsätzlich gibt es drei Tragevorrichtungen, den «Ring-Sling» (ein Tuch mit einem eingenähten Ring), die Tücher und die Tragehilfen. In den jeweiligen Sparten ist die Auswahl jedoch nochmals sehr breit. «Wir legen besonderen Wert darauf, dass beim Tragen auf eine anatomisch korrekte Haltung, wie die Anhock-Spreiz-Haltung, geachtet wird», betont Samuel Amoser.

Wissen weitergeben

Eine Grundberatung dauert rund zwei Stunden und kostet 80 Franken. Eine Nachberatung kann für 40 Franken pro Stunde gebucht werden. Zudem betreibt der Verein als einziger in der Schweiz zwei Testecken in Niederbipp und in Kriens. Dort werden auch Jackenberatungen angeboten. Ein Teil der Beratungskosten fliesst in die Vereinskasse und wird für Anschaffungen und Aktivitäten genutzt. Des Weiteren bietet der Verein öffentliche und kostenlose Tragespaziergänge an, welchen sich auch Familien mit dem Kinderwagen anschliessen dürfen. Zur Tradition ist auch das Sommerfest geworden. Durch diese Aktivitäten ist die Vereinsmitgliedschaft auch mit viel Freiwilligenarbeit verbunden, erklärt Marlen Anderhalden. Am Samstag, 25. Oktober wird von 14 bis 17 Uhr eine kostenlose Veranstaltung zum Thema «Tragen im Winter» im Begegnungszentrum Cultibo in Olten angeboten. «Für viele stellt sich im Winter die Frage, wie das Kind in der Tragehilfe am besten angezogen ist, damit es nicht zu warm oder zu kalt hat», erklärt Marlen Anderhalden. «Das Schönste am Beraten von Interessierten ist für mich, die Freude am Tragen weitergeben zu können», betont die Trageberaterin. In der Zwischenzeit bindet sich Samuel Amoser die Tragehilfe um und schwingt seinen lachenden Sohn Maël auf den Rücken - ein eingespieltes Team.

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