Das Virus hält ihn fest im Griff

Vereinsmensch Die meisten Mitglieder einer Guggenmusik sind in ihren Zwanzigern. Roland Jaun ist 57 Jahre alt und seit fast 30 Jahren Teil der Aarburger Truubeschränzer. Ans Aufhören denkt er noch nicht.

Die Truubeschränzer Aarburg nahmen 2023 unter anderem an der Lostorfer Fasnacht teil. (Bild: ZVG)

Die Truubeschränzer Aarburg nahmen 2023 unter anderem an der Lostorfer Fasnacht teil. (Bild: ZVG)

Roland Jaun amtet derzeit als Tambourmajor und faktisch auch als Präsident. (Bild: AGU)

Roland Jaun amtet derzeit als Tambourmajor und faktisch auch als Präsident. (Bild: AGU)

Der Aargau ist nicht als Fasnachtshochburg bekannt. Solche liegen gleich angrenzend, in den Kantonen Luzern, Solothurn und Basel. Allerdings gibt es in manchen Aargauer Gegenden durchaus namhafte Karnevalsaktivitäten; ganz im Westen ist zum Beispiel die Brittnauer Fasnacht nicht zu verachten. Und sogar in Aarburg werden fasnächtliche Traditionen gepflegt.

1985 wurden im dortigen Restaurant Traube die Truubeschränzer gegründet. Eine kleine, aber feine Gugge, die es trotz Mitgliederrückgang auch 38 Jahre später noch immer gibt. Von den damaligen Gründern ist niemand mehr im Verein. Eine der langjährigen und bis heute unverzichtbaren Säulen im Verein heisst Roland Jaun. Der 57-jährige Grenzwächter ist in Oftringen aufgewachsen und wohnt heute mit Frau und Kindern in Lostorf. Seit 1994 gehört er den Truubeschränzern an. Ob es den Verein ohne ihn noch geben würde?

Die Truubeschränzer, die in ihren besten Zeiten rund 30 Mitglieder zählten, verfügen aktuell noch über deren 14. Wie viele andere Vereine kämpft auch die Aarburger Guggenmusik mit sinkenden Mitgliederzahlen. «Es ist schade. Viele wollen sich nicht mehr längerfristig verpflichten», bedauert Jaun. An ihm und seiner Familie liegt es nicht: Mehr als ein Drittel der 14 Vereinsmitglieder trägt den Namen Jaun. Neben Roland Jaun sind auch seine Frau und die drei Kinder im Teenageralter aktive Mitglieder. Jaun hofft selbstredend, dass seine Gugge demnächst mal wieder namhaften Zuwachs erhält.

Denn wenige Mitglieder sind oft gleichbedeutend mit viel Arbeit auf wenigen Schultern. Zum Beispiel auf denjenigen Jauns. Der 57-Jährige versah in den bald 30 Jahren Mitgliedschaft schon diverse Ämter. Nach dem Auftakt als Hüttenwart übernahm er 2001 das Präsidentenamt. Erst 2015 konnte er dieses wieder abgeben. 2017 musste er es jedoch bereits wieder für zwei Jahre übernehmen. Und seit Sommer 2020 amtiert er als Tambourmajor und seit diesem Frühjahr faktisch auch wieder als Präsident, weil der eigentliche Vereinsvorsitzende derzeit pausiert. Schon 2014 wurde sein langjähriges Engagement mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft gewürdigt. «Ich war immer einer, der voranging, war an jedem Anlass dabei, nahm stets an der Fasnacht teil, besuchte auch immer die Proben, wenn es die Arbeit zuliess», vermutet er als Grund dafür.

Jedes Jahr zwei, drei neue Stücke

Das Fasnachtsvirus hatte Jaun bereits als 18-Jährigen erfasst. Damals trat er mit sieben weiteren Kolleginnen und Kollegen den mittlerweile nicht mehr existierenden Göpfschränzern in Zofingen bei. Ein Instrument beherrschte er damals noch nicht. «So musste ich Trompetenunterricht nehmen», erinnert er sich. Nach einigen Jahren bei den Göpfschränzern pausierte er während zweier Saisons, ehe er sich wegen eines Bekannten den Truubeschränzern anschloss.

Nach Einschätzung Jauns musizieren die Truubeschränzer auf vergleichsweise hohem Niveau. Und sie hätten den Ehrgeiz, berichtet er, das Publikum jedes Jahr mit zwei bis drei neuen Stücken zu überraschen. Ab Anfang September wird jeweils einmal wöchentlich im Aarburger Kirchgemeindehaus geprobt, um dann an der Fasnacht bereit zu sein. Die Truubeschränzer besuchen in den Tagen nach dem Gründonnerstag Solothurner Städte und Dörfer, nehmen etwa am Lostorfer Umzug teil und erfreuen die Stadtsolothurner beim «Gässle». Auch Abstecher ins Entlebuch stehen regelmässig auf dem Programm. Das darauffolgende Wochenende gehört den Fasnachtsaktivitäten in der nächsten Umgebung, also etwa der Beizenfasnacht in der Region Zofingen.

Vor Jahren organisierten die Truubeschränzer in Aarburg noch einen eigenen Maskenball und veranstalteten auch eine Kinderfasnacht. Als sie noch einiges mitgliederstärker waren, konnte man sie zudem regelmässig bei grösseren Umzügen sehen, etwa in Olten oder Brittnau. Und: Bis vor etwa 15 Jahren unternahm der Aarburger Verein alle zwei Jahre eine Reise an den Kärntner Fasching – im Wechsel mit Teilnahmen an der Solothurner beziehungsweise Luzerner Fasnacht.

Das Wasserfest als jährlicher Fixpunkt

Neben der fünften Jahreszeit und der Vorbereitung darauf stehen im übrigen Jahresverlauf nur noch einige wenige Vereinsanlässe in den Agenden der Mitglieder. Ein Pflichttermin ist stets das Wasserfest mitten im Sommer. An diesem betreiben die Truubeschränzer eine Bar, deren Einnahmen die Vereinsaktivitäten zu einem Grossteil finanzieren. «Es ist jeweils stressig, bereitet aber auch viel Spass», findet Jaun.

Mit seinen 57 Jahren dürfte Roland Jaun ein atypisches Mitglied einer Guggenmusik sein. Lange, nicht selten durchzechte Nächte, mehrere Tage hintereinander mit wenig Schlaf und ungesunder Nahrung, Auftritte in stickigen, lauten Turnhallen – das sind alles Dinge, die jungen Leuten in der Regel leichter fallen. An einen baldigen Abschied denkt Jaun jedoch nicht. «Solange ich motiviert bin, mache ich weiter. Im Vorstand möchte ich allerdings aufhören. Ob ich bis 60 oder bis 70 dabeibleibe, lasse ich momentan offen.»

www.truubeschränzer.ch

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