«Unglaublich. Katastrophe. Schlimm»

EHC Olten Vor dem Saisonstart des EHCO am 15. September trafen wir uns mit dessen Sportchef zum besonderen Interview. Wir stellten keine Fragen, sondern warfen bloss Stichworte in den Raum. Marc Grieder hatte stets eine spontane Antwort parat.

Verschiedene Trikots zieren Grieders Sportchef-Büro im Kleinholz.

Verschiedene Trikots zieren Grieders Sportchef-Büro im Kleinholz.

«Als ich Sportchef wurde, war meine Work-Life-Balance haarsträubend.» Marc Grieder ist seit 2018 im Amt. (Bilder: Achim Günter)

«Als ich Sportchef wurde, war meine Work-Life-Balance haarsträubend.» Marc Grieder ist seit 2018 im Amt. (Bilder: Achim Günter)

15.9.

Saisonstart. Seit dem 2. August trainieren wir auf dem Eis und sind nun in der Schlussphase der Vorbereitung. Wir bereiten uns bestmöglich auf die neue Saison vor und wollen beim Saisonauftakt bereit sein.

Sommertraining.

Intensiv für die Spieler. Es ist wichtig für sie, dass wir uns in diesem Bereich steigern können, denn die Athletik ist unheimlich wichtig. Gleichzeitig dürfen aber auch die Regeneration und das individuelle Training nicht zu kurz kommen. Wir haben mit Marius Nydegger einen Supercoach fürs Sommertraining. Er ist seit ein paar Saisons dabei; das klappt ausgezeichnet.

Lars Leuenberger.

Unser Coach. Ich arbeite sehr gerne mit ihm zusammen. Er konnte der Mannschaft ein neues Gesicht geben und hat seine Ideen, sein System eingebracht. Er harmoniert auch sehr gut mit dem Assistenten. Wir sind nicht immer gleicher Meinung – das muss aber auch gar nicht sein. Teilweise ist er impulsiv. Aber wir finden immer einen gemeinsamen Nenner.

Ausländerduo.

Zwei Franko-Kanadier. Faille ist schon eine Weile in der Schweiz, hat seine Sporen im Ausland abverdient, ist mit Kloten aufgestiegen und hat letzte Saison in der National League gespielt. War mal Topskorer in der Swiss League. Spielt als Center, bringt viel Erfahrung mit, ist wichtig für uns. Beauchemin spielte auch schon in der Schweiz, war letzte Saison Topskorer und MVP in der französischen Liga, spielt auf der Center- und Flügelposition, ist ein wenig jünger als Faille, bringt aber sicher die Durchschlagskraft und die Hartnäckigkeit mit, die wir in unserem Spiel brauchen.

Verletzungspech.

Unglaublich. Katastrophe. Schlimm. Andere Teams haben auch Verletzte – keine Frage. Allzu viel jammern wollen wir nicht. Es gilt die Situation so zu akzeptieren. Für die Spieler tut es mir leid. Und für mich ist es jedes Mal eine Riesenchallenge, adäquaten Ersatz zu verpflichten, weil es letztlich darum geht, das Budget einzuhalten. Dass so viele Verletzungen zusammenkommen und das Verletzungspech nie abreisst, ist unheimlich mühsam. Nicht nur in der letzten Saison, auch jetzt ist es bereits wieder haarsträubend. Mit Elsener und Antonietti fehlen uns zwei Top6-Verteidiger monatelang.

EHCO Prospect AG.

Sehr wichtig für uns, auch für die erste Mannschaft. Das Ziel ist, diese Spieler eines Tages in der ersten Mannschaft einbauen zu können. Die Nachwuchsorganisation hat enorme Fortschritte erzielt in den letzten paar Saisons, ist sehr gut aufgestellt, verfügt über gute Coaches, die Kinder und Jugendlichen sind mit grosser Freude dabei. Die Prospect AG ist auf dem richtigen Weg.

National League.

(zögert) Es wäre schön, würde das Mittelland über ein Team in der National League verfügen. Sie ist aber schwierig zu erreichen, es braucht enorm viel, um es dorthin zu schaffen. Mit der Aufstockung der National League auf 14 Teams ist es nochmals schwieriger geworden, weil das Niveau durch die sechs Ausländer pro Team höher wurde. Grundsätzlich würden wir die Herausforderung früher oder später gerne annehmen.

Visp.

Garry Nunn. Heinz Ehlers. Eine gute Mannschaft, die mit dem neuen Coach ein anderes Gesicht haben wird. Visp ist ein direkter Konkurrent von uns. Was wir genau zu erwarten haben, werden wir erst noch sehen. Aber es wird in meinen Augen sicher eine Mannschaft sein, die vorne mitspielen wird.

Bellinzona.

(schaut gequält) Bellinzona? Farmteam. Wir kennen die Rockets. Da spielen viele junge Spieler, bei denen es darum geht, in der SL Fuss fassen zu können. Sie sind Teil dieser Liga, spielen nun neu in Bellinzona, bilden das Partnerteam von Langnau und anderen NL-Klubs. Man wird sehen, was von ihnen zu erwarten ist. Für uns und alle anderen SL-Teams ist es ein Gegner, dem man mit Respekt begegnen muss. Die Diskussion, ob es eine solche Mannschaft braucht oder nicht, überlasse ich anderen Leuten.

Langenthal.

Schade, ist der SCL nicht mehr dabei. Die Derbymatches mit ihrer Rivalität waren für den EHC Olten und auch für die Liga enorm wichtig. Nun sind die plötzlich einfach weg. Vom Zuschaueraufkommen her waren diese Spiele für uns immer interessant. Ich blicke mit Wehmut auf den Rückzug der Langenthaler, für mich ist das ein grosser Verlust.

Arosa.

(lacht) Lindemann. 700, 800 Kurven bei der Anfahrt. Eine lange Reise. Ein Traditionsverein. Ich kenne einige Leute beim EHC Arosa, zum Beispiel dessen Coach Rolf Schrepfer, der auch schon beim EHC Olten ausgeholfen hat. Es wäre schön, könnte Arosa in der Swiss League spielen. Ich wünschte mir für die Zukunft, dass es in der SL Platz hätte für eine solche Mannschaft. Denn das würde unsere Liga bestimmt deutlich aufwerten.

Baselbiet.

Heimat für mich. Obwohl eigentlich auch Olten meine Heimat ist. Im Baselbiet ist meine Familie zuhause. Es ist schön da. Meine Wurzeln liegen dort, meinen Dialekt habe ich ebenfalls von da.

Stadt Olten.

Schön. Ich wohne unglaublich gerne in der Stadt Olten, mir gefällt es hier wirklich ausgezeichnet. Man hat in Olten ziemlich alles, es gibt viele gute Sachen hier: den EHC, andere Sportvereine, die Chilbi, die Kabarett-Tage, das IPFO.

Work-Life-Balance.

Als ich Sportchef wurde, war sie haarsträubend. Zu Beginn war ich ziemlich blauäugig. Ich bin mit Leidenschaft dabei. Aber ich muss mich aufs Wesentliche konzentrieren. Inzwischen habe ich eine gute Work-Life-Balance. Ich versuche so viel wie möglich Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Und ich probiere auch, selbst Sport zu machen, mit meinen Tieren Spaziergänge zu unternehmen, soziale Kontakte zu pflegen. Der Job als Sportchef fordert das ganze Jahr über viel von einem. Spieler wie Coaches haben Fragen und Sorgen – und ich bin halt immer deren Ansprechpartner. Dazu kommen die Agenten, die Medien, der Druck von aussen.

Familie.

Das Wichtigste, das mit Abstand Wichtigste. Wir haben zwei tolle Buben, und meine Frau ist für mich eine Riesenunterstützung.

40.

(lacht) Nächstes Jahr werde ich 40. 40 ist für mich eine Nummer. Wenn es dann so weit ist, schaue ich es mir genauer an. Ein Problem wird es für mich nicht sein, ich gehöre dann halt auch dem 40er-Club an.

Marc Grieder

Der bald 39-jährige Marc Grieder ist seit fünfeinhalb Jahren Sportchef des EHC Olten. Der einstige Junior des EHC Zunzgen-Sissach bestritt zwischen 2002 und 2018 für neun Vereine mehr als 700 Spiele in der NLA (National League) und vor allem in der NLB (Swiss League). Nach zuletzt zwei Saisons beim EHC Olten trat der Verteidiger im Frühling 2018 zurück und übernahm das Amt des Sportchefs. Grieder, der einst eine KV-Lehre absolviert hatte, machte zu Beginn seiner Sportchef-Tätigkeit an der Uni St. Gallen ein CAS in Sportmanagement. Er wohnt in Olten und ist verheiratet mit Sandy Koleff. Die beiden Söhne spielen ebenfalls Eishockey. agu

Weitere Artikel zu «Vereine», die sie interessieren könnten

Vereine20.12.2023

Traditionsreiche Pflegestation im Vögeligarten schliesst ihre Tore

Volièreverein Olten Der Volièreverein Olten schliesst die Pflegestation für einheimische Wildvögel im Oltner Vögeligarten. Damit ist der Verein in…
Vereine13.12.2023

Starke Powermänner

Sportpress AG/SO Das zweite Chlaus-Kegeln des Vereins Sportpress AG/SO war richtig edel. Einerseits dank den tollen offerierten Preisen,…
Vereine13.12.2023

Herzblut für Musik und Menschen

Vereinsmensch Marga Leuenberger hat als langjähriges Mitglied im kleinen Vorstand des Stadtorchesters Olten viele Aufgaben zu bewältigen. Trotz der…